Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 189



101 Ib 189

34. Urteil vom 11. Juli 1975 i.S. Eidg. Departement des Innern gegen Marugg
und Mitbeteiligte und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Regeste

    Gewässerschutz, Baubewilligung.

    1. Legitimation des Eidg. Departements des Innern zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Beschwerdefrist. Daraus, dass der
angefochtene Entscheid dem Departement erst nachträglich eröffnet worden
ist, kann die Gegenpartei nichts zu ihren Gunsten ableiten (Erw. 1).

    2. Verhältnis zwischen Art. 19 und 20 GSchG. Auslegung des ungenau
gefassten Art. 20 (Bestätigung der Rechtsprechung). Wenn der Bauplatz zwar
innerhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes,
aber ausserhalb der Bauzone liegt, ist Art. 20 massgebend. Begriff der
Bauzone (Erw. 2).

    3. Grundsatz von Treu und Glauben. Zusicherung der Baubewilligung
seitens der Gemeinde? (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Die Baugesellschaft Mutschacker, welcher Max Marugg René Glauser
und August Suter angehören, ersuchte Anfang 1974 die Gemeinde Zizers
um die Bewilligung für den Bau eines Einfamilienhauses. Die kommunale
Baukommission lehnte das Gesuch ab mit der Begründung: Der Bauplatz
befinde sich ausserhalb der Bauzone, und ein sachlich begründetes
Bedürfnis im Sinne von Art. 20 GSchG und Art. 27 der Allgemeinen
Gewässerschutzverordnung (AGSchV) sei nicht nachgewiesen. Art. 25 der
Bauordnung (BO) der Gemeinde Zizers, welcher nicht landwirtschaftliche
Bauten im übrigen Gemeindegebiet unter bestimmten Bedingungen zulasse,
sei durch das GSchG von 1971 überholt.

    Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess die Beschwerde der
Mitglieder der Baugesellschaft gegen diesen Entscheid teilweise gut und
wies die Sache zu neuer Prüfung des Baugesuches an die Vorinstanz zurück
(Urteil vom 28. August 1974). Es führte aus, der Bauplatz liege innerhalb
des im generellen Kanalisationsprojekt (GKP) der Gemeinde abgegrenzten
Gebietes, so dass Art. 20 GSchG nicht anwendbar sei. Auf jeden Fall
verstosse der Standpunkt der Gemeinde gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben, weil sie seinerzeit die Baubewilligung zugesichert habe. Das
neue GSchG habe Art. 25 BO Zizers nicht ausser Kraft gesetzt. Falls
nicht die von der Vorinstanz noch abzuklärenden Druckverhältnisse bei der
Wasserversorgung oder bis jetzt nicht erwähnte zwingende Vorschriften dem
Bauvorhaben entgegenständen, sei die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen.

    Gegen den Entscheid des kantonalen Gerichts, der den Parteien des
kantonalen Verfahrens am 10. Januar und dem Eidg. Departement des Innern
(EDI) am 11. Februar 1975 zugestellt worden ist, hat diese Behörde beim
Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Baubewilligung zu verweigern. Das kantonale
Gericht und die Mitglieder der Baugesellschaft beantragen, auf die
Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Die Gemeinde
Zizers schliesst auf Gutheissung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 103 lit. b OG ist das EDI als in der Sache -
auf dem Gebiete des Gewässerschutzes - zuständiges Departement
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des kantonalen
Verwaltungsgerichtes legitimiert. Diese Beschwerdelegitimation
kann selbstverständlich nicht von der Bedeutung und Tragweite der im
konkreten Fall im Streite liegenden Frage abhängig sein. Es ist Sache des
beschwerdeberechtigten Departementes zu entscheiden, ob es den Weiterzug
eines Entscheides wegen der präjudiziellen Tragweite oder wegen der
Bedeutung des Einzelfalles für notwendig erachtet.

    Zu Unrecht wirft das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
den dortigen "Gewässerschutz-Instanzen" vor, sie hätten die Frist zur
Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde verpasst und möchten nun
mit Hilfe des EDI ein "rechtskräftiges" Urteil aufheben. Die Gemeinde
Zizers und die kantonalen "Gewässerschutz-Instanzen" hatten offensichtlich
keine Möglichkeit, den beanstandeten Entscheid mit staatsrechtlicher
Beschwerde anzufechten (vgl. Urteil Gemeinde Parpan vom 22. Februar 1974,
teilweise veröffentlicht in BGE 100 Ia 274). Nach der Rechtsprechung
ist eine Gemeinde auch nicht legitimiert, in Gewässerschutzsachen
der vorliegenden Art den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid durch
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weiterzuziehen (BGE 99
Ib 213 ff. E. 4 und zit. Urteil vom 22. Februar 1974, nicht publizierte
E. 3). Nur die zuständige Bundesbehörde ist befugt, in einem solchen Fall
das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Gewässerschutzrechts
im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht zu vertreten.

    b) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch geltend gemacht
werden, von den kantonalen Behörden sei das Verwaltungsrecht des
Bundes - im vorliegenden Fall das Gewässerschutzrecht - nicht zur
Anwendung gebracht worden, obschon es angewendet werden sollte. Die
Versicherung des Verwaltungsgerichts, das angefochtene Urteil stütze
sich nicht auf gewässerschutzrechtliche Überlegungen, vermag daher die
Beschwerdelegitimation des EDI nicht auszuschliessen. Bundesrecht kann auch
dadurch verletzt werden, dass man es zu Unrecht nicht anwendet. Das EDI ist
im Bereich des Gewässerschutzes zu einer entsprechenden Rüge legitimiert.

    c) Auch der Einwand, für die Beschwerdegegner sei das Urteil des
Verwaltungsgerichtes in Rechtskraft erwachsen, weil innert 30 Tagen seit
der an sie ergangenen Mitteilung keine Beschwerde eingereicht worden sei,
ist unbehelflich. Der in diesem Zusammenhang erwähnte Art. 107 Abs. 3
OG bezieht sich nach seiner systematischen Stellung auf die Berechnung
der Beschwerdefrist. Die mangelhafte Eröffnung eines Entscheides soll
die Rekursmöglichkeit für den Adressaten nicht beeinträchtigen. Aus
dieser Vorschrift lässt sich nicht ableiten, andere am Verfahren
Beteiligte könnten gegen die wegen mangelhafter Eröffnung nachträglich
noch zulässige Einreichung eines Rechtsmittels den Einwand erheben, der
Entscheid sei für sie in Rechtskraft erwachsen. Wäre Art. 107 Abs. 3 OG so
zu verstehen, so würde er in vielen Fällen einer mangelhaften Eröffnung
zu einem unlösbaren Widerspruch führen, indem derjenige, welchem der
Entscheid nicht vorschriftsgemäss eröffnet wurde, zwar hinterher die
Anfechtungsmöglichkeit noch hätte, aber damit von vornherein dort nicht zum
Ziel gelangen könnte, wo für andere am Verfahren Beteiligte die formelle
Rechtskraft bereits eingetreten ist. Zu den "Nachteilen", welche Art. 107
Abs. 3 OG ausschliessen will, gehört die durch eine Beschwerde, welche
wegen mangelhafter Eröffnung erst nachträglich eingegangen ist, veranlasste
Überprüfung eines vorher für rechtskräftig gehaltenen Entscheides nicht.

    d) Die Berufung auf die für die Parteien des kantonalen Verfahrens
eingetretene formelle Rechtskraft des angefochtenen Entscheides steht
dem Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht entgegen. Da
dem EDI das Urteil des Verwaltungsgerichtes vorerst nicht mitgeteilt
wurde, begann für die zuständige Bundesbehörde die Beschwerdefrist von
30 Tagen erst mit der nachträglichen Zustellung des Entscheides. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unbestrittenermassen innert dieser
Frist erhoben worden.

    e) Wegen der Verspätung der Eröffnung des Entscheides gegenüber dem
EDI und der Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Ablauf
von 30 Tagen seit der Zustellung des Urteils an die Baugesellschaft
Mutschacker ist übrigens den Gesellschaftern kein Nachteil erwachsen. Der
angefochtene Entscheid ist ein Rückweisungsentscheid, nicht eine definitive
Baubewilligung; irgendwelche Dispositionen konnten gestützt darauf nicht
getroffen werden. Bereits durch Brief vom 30. Januar 1975 gab das EDI dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden unter Zustellung einer Kopie an
den Anwalt der Baugesellschaft Mutschacker bekannt, dass es die Frage einer
Beschwerdeführung gegen das kurz vorher - am 10. Januar 1975 - den Parteien
schriftlich eröffnete Urteil prüfen möchte und daher um Mitteilung dieses
Urteils ersuche. Die Gesuchsteller und Beschwerdegegner wurden also sogar
innert der Frist von 30 Tagen seit der ersten Eröffnung des Urteils auf die
Möglichkeit der Beschwerde durch das EDI aufmerksam gemacht. Sie konnten
somit nie in guten Treuen der Auffassung sein, es liege eine definitive,
unanfechtbare Entscheidung vor. Die Frage, inwiefern gutgläubiges Handeln
gestützt auf einen scheinbar rechtskräftigen Entscheid bei der Beurteilung
einer nachträglichen Beschwerde berücksichtigt werden müsste, stellt
sich im vorliegenden Fall nicht (vgl. BGE 96 I 694 E. 2c). Die Tatsache,
dass das den Gesuchstellern am 10. Januar 1975 eröffnete Urteil vom EDI
erst binnen 30 Tagen seit seiner Zustellung an diese Behörde (11. Februar
1975) formell angefochten werden konnte, hat somit auf die Beurteilung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde keinen Einfluss. Es ist auf alle Rügen
in vollem Umfang einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Der in Frage stehende Bauplatz befindet sich ausserhalb der
Bauzone, aber innerhalb des die Bauzone überschreitenden Perimeters
des GKP.

    a) Die Auffassung, in dieser Situation lasse sich dem GSchG
überhaupt keine Lösung entnehmen, ist offensichtlich nicht haltbar. Mit
den Vorschriften der Art. 19 und 20 GSchG wollte der Gesetzgeber eine
lückenlose Regelung aller Fälle von Neu- und Umbauten treffen. Dass
der Wortlaut der Bestimmungen scheinbar eine Lücke offen lässt, indem
ein Bauvorhaben, das ausserhalb der Bauzone, aber innerhalb des GKP
liegt, weder von Art. 19 noch von Art. 20 ohne weiteres erfasst wird,
beruht auf einem durch die Entstehungsgeschichte erklärbaren Versehen:
Entsprechend den Marginalien unterschied der bundesrätliche Entwurf
zwischen Baubewilligungen innerhalb und ausserhalb des GKP. Der Ständerat
gab dem Art. 19 die heutige Fassung, welche vorab die Bauzonen und nur,
wo solche fehlen, das GKP als massgebend erklärt (Amtl.Bull. S 1971 S.
139). Die Marginalien der Art. 19 und 20 blieben unverändert, und auch
der Wortlaut von Art. 20 wurde der in Art. 19 vorgenommenen wichtigen
Ergänzung nicht angepasst. Daher ist in Art. 20 immer noch nur vom GKP
die Rede, obschon die Bestimmung als Korrelat zu Art. 19 sinngemäss so zu
verstehen ist, dass sie sich auf das Gebiet ausserhalb der Bauzonen oder,
wo solche fehlen, ausserhalb der GKP bezieht (vgl. BGE 101 I b 65). Trotz
der unvollständigen Formulierung des Art. 20 GSchG kann kein Zweifel
darüber bestehen, dass der Gesetzgeber die Erteilung von Baubewilligungen
gemäss Art. 19 primär auf die Bauzone beschränken wollte und dass -
beim Vorhandensein von Bauzonen - Bauvorhaben ausserhalb dieser Zonen
nach Art. 20 zu beurteilen sind. Nur beim Fehlen von Bauzonen kommt
behelfsmässig dem GKP die Abgrenzungsfunktion zu. Die vom Ständerat
eingefügte und vom Nationalrat bestätigte Regel, wonach bei Gemeinden
mit rechtskräftiger Zonenplanung auf die Grenze der Bauzone und nicht
auf das GKP abzustellen ist, muss folgerichtig angewendet werden, auch
wenn versehentlich die Marginalien und der Wortlaut des Art. 20 GSchG
der ergänzten Fassung des Art. 19 nicht angepasst worden sind.

    b) Aus dieser Auslegung ergibt sich für den vorliegenden Fall,
dass das Baugesuch, welches sich auf ausserhalb der Bauzonen liegende
Grundstücke bezieht, gemäss Art. 20 GSchG zu beurteilen ist. In der Regel
wird der Perimeter des GKP mit dem Baugebiet übereinstimmen (Art. 15
AGSchV). Trifft dies, wie im vorliegenden Fall, aus irgendeinem Grunde
nicht zu, so ist nach der eindeutigen Fassung von Art. 19 der Zonenplan
für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift massgebend; die Möglichkeit von
Bauten ausserhalb der Bauzonen richtet sich nach Art. 20. Dieser vom
Gesetzgeber bestimmte Vorrang der Bauzonen gegenüber dem GKP erscheint
übrigens auch als sachlich begründet: Ein GKP, dessen Perimeter das
in der Zonenplanung ausgeschiedene Baugebiet überschreitet, spiegelt
entweder ein früheres Stadium einer vorwiegend auf kanalisationstechnischen
Überlegungen beruhenden Planung wider oder umfasst - wie die Gemeinde dies
im vorliegenden Fall geltend macht - auch Gebiete, die nur langfristig
in mehreren Jahrzehnten eventuell für die Überbauung beansprucht werden
müssen. Auf jeden Fall entspricht es dem Sinn der Art. 19/20 GSchG,
Bauten auf einem ausserhalb der Bauzone, aber innerhalb des zu grossen
GKP liegenden Grundstück nur zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen
von Art. 20 gegeben sind. Auch der Nachweis der technischen Möglichkeit
eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisation vermag die Bewilligung
einer nicht standortbedingten Baute ausserhalb der Bauzone nicht zu
begründen. Die durch den rechtskräftigen Zonenplan gegebenen Beschränkungen
des Baugebietes dürfen nicht auf diesem Wege umgangen werden.

    c) Auch das Argument, unter gewissen Voraussetzungen könnten nach
kommunalem Recht nicht landwirtschaftliche Bauten im übrigen Gemeindegebiet
bewilligt werden (BO Zizers Art. 25 Abs. 2) und daher sei dieses
Gebiet Bauzone im Sinne des Art. 19 GSchG, ist nicht stichhaltig. Unter
einer Bauzone im Sinne des Gewässerschutzrechts kann nur ein nach der
massgebenden Planung für die Überbauung vorgesehenes Gebiet verstanden
werden. Wollte man nicht eingezonte Parzellen, auf denen nach kommunalem
Recht ausnahmsweise doch gebaut werden darf, sofern der Bauherr selber
für die notwendige Erschliessung sorgt, ebenfalls zur "Bauzone" rechnen,
so würde damit der raumplanerische Zweck der Art. 19 und 20 GSchG verkannt
und die Erreichung eines wesentlichen Zieles dieser Gesetzgebung in klarer
Weise vereitelt.

    d) Dass die Gesuchsteller Marugg, Glauser und Suter im Sinne von
Art. 20 GSchG/Art. 27 AGSchV ein sachlich begründetes Bedürfnis an der
Erstellung des projektierten Neubaus auf dem vorgesehenen Platz nachweisen
könnten, wird von keiner Seite geltend gemacht. Die richtige Anwendung
des Gewässerschutzrechts führt somit zur Abweisung des Baugesuchs.

    Die von der Vorinstanz getroffene Entscheidung ist mit dem Bundesrecht
höchstens vereinbar, sofern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
wegen verbindlicher Zusicherung der Gemeinde die verlangte Bewilligung
erteilt werden muss, obschon sie gemäss Art. 19/20 GSchG nicht erteilt
werden könnte.

Erwägung 3

    3.- Die Prüfung der Frage des Vertrauensschutzes führt zu folgendem
Ergebnis:
   a) Am 1. Juni 1966 schloss die Gemeinde Zizers mit Max
Marugg eine Vereinbarung, worin sich dieser verpflichtete, innert
Jahresfrist zur Erschliessung des Baugebietes südlich der Kessirüfe
unter Aufsicht der Gemeinde und nach deren Plänen die notwendigen
Wasser- und Kanalisationsleitungen auf eigene Kosten zu erstellen. Die
Gemeinde erklärte sich ihrerseits bereit, die erstellten Kanalisations-
und Wasserleitungen spätestens nach 10 Jahren käuflich zu Eigentum zu
übernehmen. Die Berechnung des massgebenden Übernahmepreises wurde in
der Vereinbarung geregelt.

    b) Wie sich aus den Akten ergibt, wurden die Erschliessungsleitungen
vertragsgemäss erstellt. Durch eine als "Vergleich" bezeichnete
Abmachung vom 16. März 1972 übernahm die Gemeinde die gemäss der
Vereinbarung vom 11. Juni 1966 erstellten Leitungen gegen Bezahlung von
Fr. 52'000.--. Die für die Erschliessung (Wasserversorgung) des Gebietes
notwendige Druckkesselanlage blieb im Eigentum von Marugg. In Ziff. 2 des
"Vergleichs" wird ausdrücklich festgehalten, dass die Vereinbarung vom
1. Juni 1966 damit hinfällig werde.

    c) Weder in der ursprünglichen "Vereinbarung" (vom 1. Juni
1966) noch im "Vergleich" (vom 16. März 1972) hat die Gemeinde dem
Vertragspartner Marugg - etwa aufgrund eines Überbauungsprojektes -
die bauliche Nutzung bestimmter Grundstücke fest zugesichert. Wohl
zeigt die getroffene finanzielle Abmachung mit einem freiwilligen
Perimeter-Beitrag Maruggs von 30% der Leitungskosten, dass Marugg wegen
der auf diese Weise zu erreichenden Möglichkeit baulicher Nutzung bereit
war, die Erschliessungskosten vorzuschiessen und einen Teil davon selber
definitiv zu übernehmen (bzw. auf die von ihm realisierten Projekte zu
überwälzen). In welchem Ausmass er aus der Erschliessung effektiv Vorteile
hatte und welchen Anteil der Kosten er aufgrund des "Vergleichs" selber
definitiv zu tragen bereit war, lässt sich den Akten nicht entnehmen.
Dies ist für die Entscheidung auch nicht ausschlaggebend; denn die
mit der Gemeinde getroffenen Abmachungen enthalten auf jeden Fall
keine verbindliche Zusicherung, dass auch die jetzt in Frage stehenden
Grundstücke überbaut werden könnten. Nur wenn nachgewiesen wäre, dass
der Beschwerdegegner Marugg durch eine derartige Zusicherung veranlasst
worden wäre, eigene Mittel in die Kanalisationsleitung zu investieren
und bei der Übernahme durch die Gemeinde nicht zurückzufordern, könnte
sich die Frage stellen, ob nach Treu und Glauben der jetzt projektierte
Bau doch zu bewilligen sei. Der Nachweis einer derartigen Zusicherung
fehlt. Marugg konnte nicht davon ausgehen, er bekomme durch die Erstellung
der Kanalisationsleitung einen Anspruch darauf, dass die Überbauung aller
im Einzugsbereich dieser Leitung liegenden Grundstücke bewilligt werde.

    In den mit der Gemeinde getroffenen Abmachungen fehlt jedes derartige
Versprechen. Aufgrund des "Vergleichs" hat die Gemeinde an Marugg als
Ersteller der Leitungen "per Saldo aller Ansprüche" Fr. 52'000.-- bezahlt.

    d) Nach der Rechtsprechung können behördliche Zusicherungen nicht
dazu führen, dass eine nach der massgeblichen Erklärung der Behörde
eingetretene Änderung der gesetzlichen Vorschriften auf den Empfänger der
Zusicherung nicht anzuwenden wäre. Voraussetzung des Vertrauensschutzes
ist also, dass die Änderung der behördlichen Stellungnahme nicht auf
einer Gesetzesänderung beruht (BGE 99 Ib 101 ff. E. 4).

    Das neue Gewässerschutzgesetz vom 8. Oktober 1971 ist am 1. Juli 1972
in Kraft getreten. Selbst wenn vor dem Bau der Kanalisationsleitung (1966)
oder beim Abschluss des "Vergleichs" vom 16. März 1972 (betr. Übernahme
der Leitung) eine Auskunft oder Erklärung gegeben worden wäre, welche als
Zusicherung der Überbauungsmöglichkeit für die in Frage stehenden Parzellen
verstanden werden könnte, so stände eine solche Zusicherung der Anwendung
des nachher in Kraft getretenen neuen Gewässerschutzrechtes nicht entgegen.

    e) Die aus Art. 20 GSchG sich ergebende Verweigerung der von der
Baugesellschaft Mutschacker nachgesuchten Baubewilligung verstösst somit
nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das angefochtene Urteil
lässt sich daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht halten.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid
aufgehoben. Die Baubewilligung wird verweigert.