Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 14



101 Ib 14

3. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. März 1975 i.S. Goldwell
Gesellschaft mbH gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum Regeste

    Schutz einer internationalen Marke deutschen Ursprungs.

    1. Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Amtes; Begründung
(Erw. 1).

    2. Ablehnungsgründe gemäss Art. 6quinquies lit. B Ziff. 3 PVC und
Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MschG (Erw. 2).

    3. Kein Schutz für die Marke BIOCLINIQUE in der Schweiz, weil sie
als Sachbezeichnung anzusehen ist und zudem täuschen kann (Erw. 3-5).

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gemäss ihrem Antrag
gegen die Verfügung von 13. August 1974, mit der das Amt der streitigen
Marke BIOCLINIQUE vorläufig den Schutz verweigert hat. Gegen solche
Zwischenverfügungen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn die Verfügungen
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (BGE 97 I
478) oder der Beschwerdeführer an ihrer Aufhebung oder Abänderung ein
schutzwürdiges Interesse hat (GRISEL, Droit administratif suisse S. 502),
was hier nicht zutrifft. In Wirklichkeit will die Beschwerdeführerin,
wie aus ihrer Begründung erhellt, jedoch den Entscheid des Amtes von
16. Oktober 1974 über die definitive Schutzverweigerung anfechten. Auf
ihre Beschwerde ist daher einzutreten. Es schadet ihr auch nicht, dass
sie zu deren Begründung hauptsächlich auf ihre Eingabe an das Amt. vom
26. September 1974 verweist (BGE 99 Ib 55).

Erwägung 2

    2.- Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Schweiz ist seit 1970 das Madrider Abkommen über die internationale
Registrierung von Marken in der am 14. Juli 1967 in Stockholm beschlossenen
Fassung anwendbar (AS 1970 S. 1689, 1973 II S. 1717). Dessen Art. 5
Abs. 1 erlaubt den Verbandsländern nur dann, einer international
registrierten Marke den Schutz zu verweigern, wenn nach den in der Pariser
Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVÜ) genannten
Bedingungen ihre Eintragung in das nationale Register abgelehnt werden
dürfte, also besonders wenn die Marke als Gemeingut anzusehen ist oder
gegen die guten Sitten verstösst (Art. 6quinquies lit. B Ziff. 3 PVÜ).

    Die in Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG vorgesehenen Ablehnungsgründe,
die im vorliegenden Falle in Frage kommen, widersprechen dieser
zwischenstaatlichen Regelung nicht. Als Gemeingut im Sinne von Ziff. 2
gelten unter anderem Hinweise auf Eigenschaften oder die Beschaffenheit
der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist. Ein solcher
Hinweis liegt vor, wenn die Bezeichnung in einem so engen Zusammenhang
mit der Ware steht, dass sie ohne besondere Gedankenarbeit auf eine
bestimmte Eigenschaft oder Beschaffenheit schliessen lässt. Trifft
dies zu, so taugt die Marke nicht zur Unterscheidung, ist folglich nicht
schutzfähig (BGE 91 I 357 Erw. 3 mit Zitaten, 94 I 76, 95 I 478, 96 II 249
Erw. 3). Sittenwidrig sind Marken insbesondere, wenn sie den Käufer über
die Beschaffenheit der Ware oder sonst in einer Hinsicht täuschen können
(BGE 98 Ib 9 mit Zitaten).

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die Markenbestandteile
BIO und CLINIQUE für sich genommen Sachbezeichnungen sind. Der dem
Griechischen entnommene Bestandteil BIO bedeutet in erster Linie Leben.
Diesen Sinn hat er auch in Zusammensetzungen wie z.B. Biochemie,
Biographie, Biologie, Biophysik (vgl. BGE 99 II 403). Im Eigenschaftswort
biologisch, das sich wegen des steigenden Interesses am Umweltschutz und
an gesunder Lebensweise und Ernährung auch im allgemeinen Sprachgebrauch
durchgesetzt hat, weist BIO auf die naturreine Zusammensetzung oder
Erzeugung von Nahrungsmitteln hin. Das ist z.B. der Fall bei den Wendungen
"biologisches Gemüse" und "biologische Landwirtschaft" (vgl. Schweizer
Lexikon I [1945] S. 1298; DUDEN Fremdwörterbuch [1971] S. 99). Noch
deutlicher ist der Sachcharakter beim Wort CLINIQUE, gleichviel ob es als
Hauptwort (z.B. für Krankenhaus) oder als Eigenschaftswort (z.B. zusammen
mit Behandlung oder Unterricht am Krankenbett) verwendet wird (LITTRE,
Dictionnaire de la langue française I [1970] S. 968; LAROUSSE de la
médecine I [1971] S. 345; Schweizer Lexikon IV [1947] S. 975; DUDEN
Fremdwörterbuch [1971] S. 358).

    Es bedarf demnach entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerin
keiner besonderen Phantasie, um den Sinn der Wortverbindung BIOCLINIQUE
zu verstehen. Wer mit ihren Bestandteilen vertraut ist, wird die
Verbindung als biologische Klinik oder ein auf biologische Heilmethoden
spezialisiertes Institut auffassen, in ihr folglich auch einen Hinweis
auf naturreine Produkte erblicken, die in einer solchen Klinik verwendet
werden oder aus ihr stammen. Ähnlich verhält es sich mit der Verbindung
Biomedizin, die als wissenschaftliche Bezeichnung für Naturheilkunde oder
biologische Medizin gebräuchlich ist (MEYERS Enzyklopädisches Lexikon 4
[1972] S. 241/2). Das Wort biologisch und die Abkürzung BIO werden als
Hinweis auf Produkte von natürlicher Beschaffenheit auch in der Werbung für
Haarpflege- und Schönheitsmittel verwendet, wie sie die Beschwerdeführerin
mit der Marke BIOCLINIQUE schützen will.

    Es lässt sich daher nicht sagen, die streitige Marke ergebe
wegen der gegensätzlichen Anspielungen auf Leben (BIO) und Krankheit
(CLINIQUE) keinen klaren Sinn, sondern bestehe aus einer originellen
Wortschöpfung. Ihr Bestandteil BIO verdeutlicht den Begriff CLINIQUE und
macht das Ganze zu einem Hinweis auf eine Naturheilklinik oder auf die
klinische Verwendung naturreiner Produkte. Dadurch unterscheidet sich die
Wortverbindung denn auch klar von der Bezeichnung BIOVITAL, die als Marke
zugelassen worden ist (BGE 99 II 402). Dass ein Wort neu ist, schliesst
seine Würdigung als Gemeingut nicht aus, wenn sein Sinn für die Kreise,
an die es sich richtet, auf der Hand liegt. Das trifft namentlich dann
zu, wenn es, wie im vorliegenden Falle, aus bereits bekannten Teilen
zusammengesetzt ist. Es verhält sich ähnlich wie z.B. bei den Marken
ENTEROCURA, DISCOTABLE, SYNCHROBELT und TOP SET, die das Bundesgericht
ebenfalls als Sachbezeichnungen bzw. als beschreibender Natur gewürdigt
hat (BGE 96 I 755, 99 Ib 22, 95 I 480, 97 I 82).

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin will die Marke BIOCLINIQUE für
Parfümeriewaren, Körperpflege- und Schönheitsmittel, insbesondere
Haarfärbe- und Haarpflegeprodukte eintragen lassen. Soweit die Marke als
Sachbezeichnung auf solche Waren zutrifft, darf sie schon als Gemeingut
nicht geschützt werden. Soweit das dagegen nicht der Fall ist, kann
sie Käufer täuschen und verstösst damit in Sinne von Art. 14 Abs. 1
Ziff. 2 MSchG gegen die guten Sitten (BGE 80 II 178, 96 I 757; TROLLER,
Immaterialgüterrecht I 2. Aufl. S. 373). Das Amt hat die Täuschungsgefahr
bejaht, weil der Bestandteil CLINIQUE den Eindruck erwecke, es handle
sich um Erzeugnisse mit therapeutischer Wirkung, und weil die Verbindung
BIOCLINIQUE auf Produkte natürlicher Beschaffenheit hinweise, die zur
Verwendung in einer Klinik bestimmt seien oder aus einer solchen stammten.

    Diese Begründung ist nach bereits Gesagtem nicht zu beanstanden; der
Einwand der Beschwerdeführerin, die beanspruchte Marke könne als reine
Phantasiebezeichnung gar nicht täuschend wirken, ist daher unbehelflich.
Wieweit Haarpflege als therapeutische Behandlung gelten kann und
Schönheitspflege der körperlichen Gesundheit dient, mag offen bleiben.
Entscheidend ist, dass die Marke BIOCLINIQUE wegen ihrer Hinweise
auf ein Krankenhaus und die Verwendung naturreiner Erzeugnisse einen
weitergehenden Eindruck vermittelt. Dass der eine oder andere Hinweis
für alle oder einzelne Waren zutreffe, für welche die Marke bestimmt ist,
behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Die Marke ist daher für das gesamte
Warenverzeichnis geeignet, die Käufer irrezuführen, folglich auch wegen
Sittenwidrigkeit nicht schutzfähig.

Erwägung 5

    5.- Da das Wort BIOCLINIQUE schon aus den angeführten Gründen nicht als
Marke geschützt werden kann, braucht nicht geprüft zu werden, ob es der
Verordnung über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen
widerspricht, so dass die Marke der Beschwerdeführerin auch wegen
Verstosses gegen bundesgesetzliche Vorschriften nicht zugelassen werden
könnte.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.