Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 105



101 Ib 105

19. Auszug aus dem Urteil vom 14. März 1975 i.S. Ammann gegen Schweiz.
Eidgenossenschaft Regeste

    Vermögensrechtliche Ansprüche des Bundesbeamten, Rechtsweg:
verwaltungsrechtliche Klage oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde? Art. 116
lit. a, Art. 117 lit. c OG; Art. 60 BtG.

    Anspruch des Beamten auf Vergütungen für ausserordentliche
Dienstleistungen (Art. 44 Abs. 1 lit. f BtG). Auslegung von Art. 52
Abs. 3 Beamtenordnung 1: Die Wahlbehörde nimmt zum Anspruch nicht nur
Stellung, sondern entscheidet darüber. Ist ein Departement Wahlbehörde,
so unterliegt sein Entscheid der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Sachverhalt

    A.- Eduard Ammann, ein in der 4. Besoldungsklasse eingereihter
Beamter des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, beansprucht eine
Vergütung für ausserordentliche Dienstleistungen. Das Departement hat das
Begehren abgelehnt. Darauf hat der Beamte "Klage" beim Bundesgericht
eingereicht. Die Eingabe wird als Verwaltungsgerichtsbeschwerde
entgegengenommen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Eduard Ammann bezeichnet seine Eingabe an das Gericht,
entsprechend der ihm zuletzt erteilten Rechtsmittelbelehrung, als
verwaltungsrechtliche Klage; er stützt sie auf Art. 116 lit. a OG
und Art. 60 BtG. In der Tat handelt es sich um eine Streitigkeit
über vermögensrechtliche Leistungen aus dem Dienstverhältnis
von Bundespersonal. Für Ansprüche auf solche Leistungen ist nach
jenen Bestimmungen die verwaltungsrechtliche Klage grundsätzlich
zulässig. Art. 116 OG behält aber den nachfolgenden Art. 117 vor. Nach
Art. 117 lit. c OG ist die verwaltungsrechtliche Klage ausgeschlossen, wenn
die Erledigung des Streites einer Behörde im Sinne von Art. 98 lit. b-h
OG zusteht; gegen deren Verfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig (BGE 99 Ib 119, 98 Ib 354). Ein solcher Fall liegt hier vor.

    Nach Art. 44 Abs. 1 BtG ordnet der Bundesrat den Anspruch auf Ersatz
von Auslagen und auf Vergütungen, u.a. nach lit. f für ausserordentliche
Dienstleistungen, einschliesslich Überzeitarbeit. Nach Abs. 2 können
Prämien und Belohnungen eingeführt werden, wobei der Bundesrat die nähern
Bedingungen festsetzt. Die ihm in den Abs. 1 und 2 verliehenen Befugnisse
kann der Bundesrat, unter Wahrung des Grundsatzes gleicher Behandlung unter
gleichen Voraussetzungen, nachgeordneten Amtsstellen übertragen (Abs. 3).

    Er hat von dieser Ermächtigung hinsichtlich der Vergütungen für
ausserordentlicfie Dienstleistungen in Art. 52 Abs. 3 der Beamtenordnung
1 (BO 1) Gebrauch gemacht. Danach werden solche Vergütungen "von Fall
zu Fall von der Wahlbehörde festgesetzt". "Wo nicht der Bundesrat
Wahlbehörde ist, kann eine Vergütung nur im Einvernehmen mit dem
Eidg. Finanz- und Zolldepartement ausgerichtet werden". Wahlbehörde für
Beamte der 4. Besoldungsklasse ist das zuständige Departement. Es ist
somit Sache des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements, die Vergütungen für
ausserordentliche Dienstleistungen der von ihm gewählten Beamten dieser
Besoldungsklasse festzusetzen.

    Daraus erhellt, dass der Bund zu Ansprüchen auf solche
Vergütungen nicht bloss Stellung nimmt (vgl. Art. 73 BO 1, Art. 10
und 20 Verantwortlichkeitsgesetz). Vielmehr fällt die gemäss Art. 52
Abs. 3 BO 1 zuständige Instanz - gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem
Eidg. Finanz- und Zolldepartment - einen formellen Entscheid darüber, ob
und in welchem Masse ein Anspruch auf Entschädigung für ausserordentliche
Dienstleistungen besteht. Es verhält sich damit gleich wie hinsichtlich
der Prämien und Belohnungen. Freilich sagt Art. 54 Abs. 3 BO 1, dass
über deren Gewährung die dort genannten Behörden "entscheiden", während
es in Art. 52 Abs. 3 heisst, dass die Vergütungen für ausserordentliche
Dienstleistungen von der Verwaltung "festgesetzt" werden. Das ist aber
lediglich ein redaktioneller Unterschied ohne sachliche Bedeutung, was
sich insbesondere auch aus dem französischen Text ergibt. In diesem lautet
Art. 52 Abs. 3: "Les indemnités pour services extraordinaires sont fixées
dans chaque cas par l'autorité qui nomme. Si le Conseil fédéral n'est pas
cette autorité, l'indemnité ne peut être octroyée qu'avec l'accord ...";
und Art. 54 Abs. 3: "Les primes et récompenses sont octroyées et leur
montant est fixé ... par les départements ..." Die italienische Fassung
besagt in Art. 52 Abs. 3: "Le indennità ... sono stabilite, caso per
caso, dall'autorità eleggente. Se l'autorità eleggente non è il Consiglio
federale, l'indennità può essere concessa soltanto d'intesa ..."; und in
Art. 54 Abs. 3: "I Dipartimenti ... risolvono ... circa l'assegnazione e
l'ammontare dei premi ...". Der italienische Text nähert sich dem deutschen
mehr; doch sind auch hier die Unterschiede hinsichtlich der verwendeten
Verben nur redaktioneller Art. Ein sachlicher Unterschied besteht darin,
dass Art. 52 einen Rechtsanspruch auf Entschädigung schafft, während
Art. 54 den Entscheid dem Ermessen der Verwaltung anheimstellt. Das ändert
indes nichts daran, dass die Verwaltung in beiden Fällen eine Verfügung
trifft. Wenn das Departement die Entschädigung festsetzt, so entscheidet es
damit auch über sie. In einem Streit über einen Anspruch eines Beamten der
4. Besoldungsklasse auf Vergütung für ausserordentliche Dienstleistungen
entscheidet somit das Departement. Ihm ist die Streiterledigung im Sinne
von Art. 117 lit. c OG übertragen. Es ist eine der in Art. 98 lit. b-h OG
genannten Behörden (lit. b). Im Bereich seiner Zuständigkeit ist somit nach
Art. 117 lit. c OG die verwaltungsrechtliche Klage nicht möglich. Einzig
in den Fällen, in denen der Bundesrat selbst über die Vergütungen für
ausserordentliche Dienstleistungen befindet, weil er Wahlbehörde ist,
kann die Klage zulässig sein; in den übrigen Fällen ist die Beschwerde
das verfügbare Rechtsmittel.