Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IV 49



100 IV 49

13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Januar 1974
i.S. Gutweniger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Regeste

    1.  Art. 179 quinquies Abs. 2 StGB. Entscheidend für den Ausschluss
von der Strafbarkeit nach Art. 179 ter Abs. 1 StGB ist die Bewilligung
der Abhöranlage durch die PTT-Betriebe (Erw. 1).

    2.  Art. 20 StGB. Voraussetzungen, unter denen diese Bestimmung
anwendbar ist (Erw. 2).

Sachverhalt

    A.- Gutweniger führte im Januar 1972 mit Dr.  Valsangiacomo, Redaktor
des "Tagesanzeiger", mehrere Telefongespräche über einen in der erwähnten
Zeitung erschienenen Prozessbericht. Valsangiacomo erstattete Strafanzeige
wegen unbefugten Aufnehmens dieser Gespräche auf Tonband.

    Das Bezirksgericht Zürich sprach Gutweniger frei. Das Obergericht des
Kantons Zürich erklärte ihn dagegen auf Berufung der Staatsanwaltschaft hin
am 23. März 1973 des fortgesetzten unbefugten Aufnehmens von Gesprächen
im Sinne von Art. 179ter Abs. 1 StGB schuldig und belegte ihn mit einer
Busse von Fr. 200.--.

    B.- Gutweniger führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung
von Schuld und Strafe.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Art. 179 quinquies StGB umschreibt Ausnahmen von der Strafbarkeit
nach Art. 179 bis Abs. 1 und 179 ter Abs. 1 StGB (AS 1969, S. 320). Nicht
strafbar macht sich demzufolge, wer ein Gespräch, das über eine dem
Telefonregal unterstehende Telefonanlage geführt wird, mittels einer
von den PTT-Betrieben bewilligten Sprechstelle oder Zusatzeinrichtung
mithört oder auf einen Tonträger aufnimmt. Dass für den Ausschluss der
Strafbarkeit die Bewilligung der Abhöranlage durch die PTT-Betriebe
entscheidend ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte dieser
Regelung. Nach der bundesrätlichen Botschaft kommt nicht in den Genuss
von Art. 179 quinquies StGB, wer eine Telefonleitung mit einem dafür
besonders konstruierten Abhörgerät oder mit einer von den PTT-Betrieben
nicht bewilligten bzw. nicht zur Telefonanlage gehörenden Zusatzeinrichtung
anzapft (BBl 1968 I S. 596). In der Beratung der eidgenössischen Räte
wurde auf die Botschaft in diesem Punkt Bezug genommen (Sten. Bulletin
des Nationalrates 1968, S. 338). BIERI führte aus, die Strafbarkeit
entfalle, wenn die PTT-Betriebe die Abhöreinrichtung bewilligt hätten (aaO,
S. 341). Die Lehre erblickt ebenfalls in der Bewilligung der Abhöranlage
durch die PTT-Betriebe das entscheidende Merkmal. (SCHULTZ, SJZ 1971,
S. 307). METZGER vertritt die Auffassung, dass eine Auslegung, wonach es
erlaubt wäre, ein Gespräch auf einen Tonträger aufzunehmen, der nicht mit
einer durch die PTT-Betriebe bewilligten Zusatzeinrichtung verbunden ist,
dem Willen des Gesetzgebers widerspräche (Der strafrechtliche Schutz des
persönlichen Geheimbereichs gegen Verletzungen durch Ton- und Bildaufnahme
sowie Abhörgeräte, S. 105).

    Das Obergericht stellt verbindlich fest, der Beschwerdeführer habe zur
Aufzeichnung der fraglichen Telefongespräche einen sogenannten Adapter
benützt. Dieser werde mit einem Saugnapf am Telefonapparat befestigt
und übertrage die eintreffenden Schallwellen auf einen Tonträger. Der
Beschwerdeführer habe für die Verwendung eines Adapters im Zeitpunkt
der mit Valsangiacomo geführten Telefongespräche keine Bewilligung der
PTT-Betriebe besessen. Steht aber fest, dass die Bewilligung fehlte,
so kommt Art. 179 quinquies Abs. 2 StGB dem Beschwerdeführer nicht
zugute. Daher braucht nicht erörtert zu werden, ob diese Bestimmung
auch für Einrichtungen gilt, die mit der Telefonanlage nicht galvanisch
verbunden sind.

    Da gemäss verbindlicher Feststellung des Obergerichts Valsangiacomo
nicht erlaubt hatte, dass der Beschwerdeführer seinen Gesprächsbeitrag
auf einen Tonträger aufnehme, ist Art. 179 ter Abs. 1 StGB mit Recht
angewendet worden.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht hätte
ihm Rechtsirrtum zugute halten müssen. Insbesondere kritisiert er die
Ausführungen im angefochtenen Urteil, wonach die Anwendung von Art. 20
StGB ausgeschlossen ist, wenn der Täter auch bloss ein unbestimmtes
Empfinden hatte, etwas Unrechtes zu tun.

    Die Rüge geht fehl. Die genannte Bestimmung ist nicht schon anwendbar,
wenn der Täter zureichende Gründe hatte, die Tat nicht für strafbar zu
halten, sondern nur dann, wenn seine Gründe die Annahme, er tue überhaupt
kein Unrecht, ihn zu entschuldigen vermögen (BGE 81 IV 196 Erw. 3, 91 IV
29 Erw. 2 und 164 Erw. 7, 93 IV 124 Erw. 4). Zu dieser Annahme bestand
aber kein zureichender Grund, nachdem für das Bundesgericht verbindlich
festgestellt ist, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1971 darauf
aufmerksam gemacht worden war, dass es nach der neuen Gesetzgebung nicht
mehr statthaft sei, Telefongespräche auf Tonband aufzunehmen, und dass er
seinen eigenen Angaben zufolge auf die Warnung einer Gerichtsperson vor
dem Aufzeichnen von Gesprächen am Telefon hin "vorsichtiger" geworden
war. Soweit der Beschwerdeführer diese tatsächliche Verhältnisse
betreffenden Feststellungen des Obergerichts zu widerlegen versucht,
besonders mit dem Einwand, die Vorinstanz habe wichtige andere Tatsachen
ausser acht gelassen, ist er nicht zu hören (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde Wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.