Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IV 176



100 IV 176

43. Urteil des Kassationshofes vom 30. Juli 1974 i.S. Heeb gegen
Bundesanwaltschaft und Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen Regeste

    BRB vom 18.7.1958/10.6.1968 über die Förderung des Absatzes von
inländischer Schafwolle.

    Art. 251 und 148 StGB. Urkundenfälschung und Betrug(sversuch)
des Wollproduzenten durch falsche Absenderangabe auf Frachtbriefen für
Wollsendungen an die Schweiz. Inlandwollzentrale.

Sachverhalt

    A.- Friedrich Heeb, Landwirt und Schafzüchter, verkaufte im
Januar 1971 seine Schafwolle der Herbstschur 1970 der Schweizerischen
Inlandwollzentrale. Da er wusste, dass er nur für die ersten 100 kg den
staatlich festgesetzten Produzentenpreis erhalten konnte, teilte er die
Wolle in sechs Posten zwischen 80 und 120 kg auf und schickte diese am
12. Januar 1971 unter Angabe von fünf Drittpersonen und seines eigenen
Namens auf den Frachtbriefen an die Inlandwollzentrale. Diese schöpfte
Verdacht, bezahlte lediglich für die ersten 100 kg den erhöhten Preis
und rechnete die übrigen Sendungen (480 kg) zu normalen Preisen ab.

    B.- Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erstattete
Strafanzeige. Das Bezirksgericht Werdenberg sprach Heeb frei. Auf Berufung
der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und der Bundesanwaltschaft
verurteilte das Kantonsgericht St. Gallen Heeb am 22. April 1974 wegen
Urkundenfälschung und Betrugsversuchs zu einem Monat Gefängnis mit
bedingtem Strafvollzug.

    C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Heeb Rückweisung der Sache
an die Vorinstanz zum Freispruch.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1. -- Gemäss Bundesratsbeschluss vom 18. Juli 1958 über die Förderung
des Absatzes von inländischer Schafwolle, in der Fassung vom 10. Juni 1968,
übernimmt der Bund für inländische Schafwolle, welche die Produzenten
der Inlandwollzentrale direkt abliefern, die Differenz zwischen den
vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) festgesetzten
Produzentenpreisen und den Weltmarktpreisen, zu denen die Wollfabrikanten
die Wolle von der Inlandwollzentrale beziehen. Diese Subvention wird
jedoch je Produzent nur für 100 kg der Herbstschur ausgerichtet (AS 1958
460, 1967 1260, 1968 792). Die Beiträge erreichten in den letzten Jahren
im Durchschnitt Fr. 3.- je kg (vgl. Verfügung EVD vom 5. Oktober 1970,
AS 1970 1269).

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer wurde wegen Urkundenfälschung im Sinne von
Art. 251 Ziff. 1 StGB bestraft. Die Fälschung wurde darin gesehen, dass er
auf den Frachtbriefen für 5 der 6 Wollsendungen an die Inlandwollzentrale
andere Personen statt sich selber als Absender angeführt hat. Dadurch
habe er bei der Zentrale den Anschein erwecken wollen, die sechs Sendungen
stammten von verschiedenen Produzenten und seien daher alle bis zur Höhe
von 100 kg Wolle subventionsberechtigt. Es stellt sich daher die Frage, ob
die Angabe verschiedener Absender bestimmt oder geeignet war, die Herkunft
der Wolle aus verschiedenen Betrieben zu beweisen (Art. 110 Ziff. 5 StGB).

    Die Inlandwollzentrale war verpflichtet, die Schurwolle zu den
festgesetzten Preisen von den inländischen Produzenten abzunehmen und bis
zu 100 kg Wolle je Produzent die Subvention auszurichten. Unter Vorbehalt
gegenteiliger Mitteilung war daher die Sendung dahin zu verstehen,
der auf dem Frachtbrief genannte Absender verkaufe als Eigentümer
und Produzent die Wolle zu den gesetzlich vorgesehenen Preisen. Nach
verbindlicher Feststellung legte der Beschwerdeführer der Absenderangabe
diese Beweisbestimmung zu. Die Nennung verschiedener Absender War
auch geeignet, die Herkunft der Wolle aus verschiedenen Betrieben zu
beweisen. Die Inlandwollzentrale hat den Produzenten den Absatz ihrer
Wolle zu sichern. Die Schafbesitzer pflegen daher ihre Wolle direkt, ohne
Zwischenhandel, der Zentrale zu verkaufen. Ohne gegenteiligen Vermerk
ist der Gegenwert der Wolle dem Absender zu bezahlen, der gleichzeitig
als Eigentümer und Produzent angesehen wird. Der Produzent handelt - von
unredlichen Vereinbarungen oder andern abnormen Umständen abgesehen - gegen
seine Interessen, wenn er seine Wolle unter Angabe eines falschen Absenders
der Inlandwollzentrale verkauft und damit bewirkt, dass ein anderer als
Verkäufer seiner Ware erscheint und den Preis erhält. Im Streit, wem der
Preis für die an die Zentrale gelieferte Wolle zukomme, ist die Angabe
des Absenders auf dem Frachtschein ein taugliches Beweismittel, das der
Richter im Rahmen der Parteibehauptungen und der übrigen Beweiserhebungen
zu würdigen hat. Dass es den vollen Beweis für die Berechtigung erbringe,
ist nicht erforderlich (BGE 97 IV 213 E 3, 81 IV 243).

    Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auf BGE 96 IV 153
f. È 2 lit. b-d. Dort gmg es um die Frage, ob Gewichtsangaben des
Absenders im Frachtbrief geeignet seien, die Menge der beförderten
Ware zu beweisen. Das war ein anderes Beweisthema als im vorliegenden
Fall. Nicht die im Frachtbrief angegebene Menge der Wolle, sondern
die Herkunft der Wolle von einem bestimmten Produzenten sollte mit der
falschen Absenderbenennung dargetan werden. Falsch aber war die Angabe des
Absenders in jenen Fällen, wo der Beschwerdeführer eigenmächtig Dritte
als Absender eingesetzt hatte, unwahr aber auch im Fall Eggenberger,
der gutgläubig als Absender zeichnete.

    Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Beschwerdeführer die
falschen Angaben über die Absender "zur Erlangung eines unrechtmässigen
Vorteils", nämlich eines "bessern Preises", gemacht hat und dass er wusste,
es sei ihm nicht erlaubt, auf diese Weise die Beschränkung der Subvention
auf 100 kg je Produzent zu umgehen. Damit sind auch Vorsatz und besondere
Absicht des Art. 251 StGB verbindlich erstellt (Art. 273 Abs. 1 lit. b,
277bis Abs. 1 BStP).

Erwägung 3

    3.- Dieser Sachverhalt ist zugleich vollendeter Betrugsversuch
(Art. 22 Abs. 1, 148 StGB). Durch Angabe falscher Absender wollte
der Beschwerdeführer bei der Inlandwollzentrale die Meinung wecken,
die Wolle stamme aus verschiedenen Betrieben, von jeder Sendung seien
daher bis 100 kg Wolle zu subventionieren. Massgeblich ist hierbei, dass
der Beschwerdeführer die Organe der Zentrale, die den Preis auszuzahlen
hatten, täuschen wollte. Ob die Bahnbeamten, welche die Wolle zum Versand
entgegennahmen, den wahren Sachverhalt kannten und ob die angeblichen
Absender von diesem Vorgehen wussten oder dieses nachträglich genehmigten,
ist belanglos. Dem Beschwerdeführer hilft auch nicht, wenn er mit der
Angabe falscher Absender auf die Verfügung über die Wolle und auf den
Erlös aus der Wolle verzichtet haben sollte. Die Subvention ist an
den Betrieb des Produzenten gebunden und kann nicht durch Absendung
der Wolle unter falschen Namen auf Dritte ausgedehnt werden. Wollte der
Beschwerdeführer die Subvention unentgeltlich den fiktiven Absendern und
Produzenten zugehen lassen, so beabsichtigte er, diese unrechtmässig zu
bereichern. Auch wer einen andern unrechtmässig bereichern will, betrügt
aber nach Art. 148 StGB. Übrigens sollte die Zahlung der Inlandwollzentrale
an die fiktiven Absender und Produzenten der Tilgung von Schulden dienen,
die der Beschwerdeführer aus Pacht oder Dienstleistung diesen gegenüber
eingegangen war. Insoweit hätte er sich selber unrechtmässig bereichert.

    Als Täuschungsmittel bediente sich der Beschwerdeführer
falscher Urkunden, die geeignet waren, über die Herkunft der Wolle zu
täuschen. Der Beschwerdeführer hat somit auch arglistig gehandelt. Weil
die Täuschung keinen Erfolg hatte, wurde er nur wegen vollendeten Versuchs
bestraft. Dieser setzt aber nicht voraus, dass die unwahre Angabe zur
Täuschung und Schädigung führe.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.