Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 II 84



100 II 84

15. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Mai 1974 i.S. Jaggi
gegen Suter Regeste

    Ersatzanschaffungen (Art. 196 Abs. 2 ZGB).

    Werden vom Ehemann aus seinem eingebrachten baren Geld, den andern
vertretbaren Sachen und den Inhaberpapieren, die nur der Gattung nach
bestimmt worden sind, Anschaffungen gemacht, so ist fraglich, ob die
angeschafften Vermögenswerte wiederum als eingebrachtes Gut vermutet
werden können. Frage offen gelassen.

Sachverhalt

                      Aus deem Tatbestand:

    Margrith Suter und Johann Jaggi gingen am 2. September 1961 die
Ehe ein. Zunächst wohnten sie in Gränichen. Am 18. Februar 1962
erwarb der Ehemann vom Onkel der Ehefrau ein Grundstück, auf dem
er ein Haus erstellen liess, das die Ehegatten im Oktober desselben
Jahres bezogen. Ende. Februar 1968 verliess die Ehefrau den ehelichen
Haushalt und in der Folge lebten die Ehegatten getrennt. Die Ehe wurde
am 10. Juli 1973 vom Obergericht des Kantons Aargau geschieden. Gegen
dessen Urteil erklärte der Kläger die Berufung an das Bundesgericht, mit
der er eine Abänderung der vom Obergericht angeordneten güterrechtlichen
Auseinandersetzung beantragt. Das Bundesgericht weist die Berufung ab
und bestätigt das Urteil des Obergerichtes.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz verfügte die Beklagte
im Zeitpunkt der Eheschliessung über kein Vermögen, der Kläger dagegen
über ein Sparkapital von Fr. 46488.25. Der Kläger schaffte aus seinen
Ersparnissen die Aussteuer und ein Auto an. Die Vorinstanz behandelte
diese Gegenstände als Ersatz für eingebrachtes Gut und liess sie bei
der Vorschlagsberechnung ausser Betracht. Ihr Urteil ist insoweit nicht
angefochten.

    Am 18. Februar 1962 verkaufte der Onkel der Beklagten dem Kläger
ein Stück Bauland zum Preise von Fr. 8.-/m2, obwohl das Land einen
Verkehrswert von Fr. 15.-/m2 aufwies. Die Differenz zwischen dem Kaufpreis
und dem Verkehrswert (total Fr. 3857.--) bildete sein nachträgliches
Hochzeitsgeschenk an beide Parteien. Das Bauland wurde also nach
Eheabschluss zum einen Teil vom Onkel der Beklagten beiden Parteien
geschenkt (wobei der jeder Partei geschenkte Betrag sich auf die Hälfte
von Fr. 3857.--, d.h. auf Fr. 1928.50 belief) und zum andern Teil vom
Kläger aus Mitteln des eingebrachten Gutes für Fr. 4408.-- erworben.

    Der anschliessende Hausbau wurde zunächst finanziert durch Fr. 25
000.--, die der Kläger aus seinem eingebrachten Sparkapital beisteuerte,
sowie durch hypothekarisch gesicherte Darlehen von vorerst rund Fr. 50
000.--, die später dann noch erhöht wurden. (Im Zeitpunkt der Scheidung
beliefen sie sich auf Fr. 69 500.--.) Der Kanalisationsanschluss
wurde im Jahre 1963 erstellt. Nachträglich wurde das Haus in ein
Zweifamilienhaus umgebaut. Die Umgebungsarbeiten, deren Wert nach dem bei
den Akten liegenden Gutachten auf 8% der Gebäudekosten zu veranschlagen
ist, verrichtete der Kläger selbst, wobei der Vater der Beklagten ihn
teilweise unterstützte. Im Jahre 1971 wurde schliesslich noch ein Ofen
für Ölfeuerung eingebaut. Die nachträglichen Investitionen wurden gemäss
den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen aus während der Ehe
Erspartem finanziert. (Der Verkehrswert der Liegenschaft wurde im Zeitpunkt
der Scheidung auf Fr. 169 000.-- geschätzt.)

    Die Liegenschaft wurde somit teils durch eingebrachtes Gut des
Klägers (Fr. 4408.-- für den Landerwerb, Fr. 25 000.-- für den Hausbau
und Fr. 1928.50 als Geschenk des Onkels der Beklagten), teils durch
eingebrachtes Gut der Beklagten (Fr. 1928.50 als Geschenk ihres Onkels),
teils durch Hypothekardarlehen und Mitteln finanziert, die bei der
güterrechtlichen Auseinandersetzung der Errungenschaft gutgeschrieben
werden müssen (vgl. LEMP, N. 44 zu Art. 195 ZGB). Der Verdienst, den
der Kläger während der Dauer des Güterstandes der Güterverbindung, also
auch nach Auflösung des gemeinsamen Haushaltes erzielte, zählt entgegen
seiner Ansicht zur Errungenschaft.

    Der Kläger vertritt die Auffassung, da das Haus ohne wesentlichen
finanziellen Beitrag der Beklagten aus seinen eingebrachten Ersparnissen
und seinem Verdienst gebaut und ausgebaut worden sei, habe es als
eingebrachtes Gut zu gelten. Diese Ansicht stützt sich wohl zum Teil auf
eine analoge Anwendung des Art. 196 Abs. 2 ZGB.

    Diese Bestimmung, welche die Vermutung aufstellt, dass Anschaffungen,
die während der Ehe zum Ersatz für Vermögenswerte der Ehefrau
gemacht werden, wiederum zum Frauengut gehören, soll der Auflösung des
eingebrachten Frauengutes in blosse Ersatzforderungen gegen den Ehemann
entge-. genwirken. Das Gesetz will der Ehefrau dadurch in möglichst weitem
Umfang Eigentum zuhalten, da sie damit in der Regel besser gesichert
ist als durch blosse Ersatzforderungen gegen den Mann (vgl. LEMP,
Ersatzanschaffungen nach ehelichem Güterrecht in ZbJV 93, S. 303/304;
derselbe, N. 20 zu Art. 196 ZGB; KNAPP, Le régime matrimonial de l'union
des biens, N. 60, S. 38). Diese gesetzliche Regelung bewirkt zugleich -
obwohl vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt - auch eine Sicherung gegen die
zunehmende Geldentwertung. Art. 196 Abs. 2 ZGB ist nach unbestrittener
Auffassung auf eingebrachtes Gut des Ehemannes analog anwendbar (BGE
91 II 90, 75 II 276). Doch können Anschaffungen, die der Ehemann aus
seinem Verdienst bezahlt, den er während der Dauer des Güterstandes
der Güterverbindung erzielt, nicht als Ersatzanschaffungen im Sinne von
Art. 196 Abs. 2 ZGB gelten, da dieser Verdienst nicht ins eingebrachte
Gut fällt. Die Wertvermehrungen, welche im vorliegenden Fall auf die
persönlichen Arbeitsleistungen und die nachträglichen Investitionen des
Klägers zurückzuführen sind, können demnach nicht zum eingebrachten Gut
zählen, sondern sind der Errungenschaft zuzurechnen.

    Falls bares Geld, andere vertretbare Sachen und Inhaberpapiere,
die nur der Gattung nach bestimmt worden sind, von der Ehefrau bei der
Güterverbindung eingebracht werden, gehen diese gemäss Art. 201 Abs. 3 ZGB
in das Eigentum des Ehemannes über und die Ehefrau erhält für deren Wert
eine Ersatzforderung. Art. 196 Abs. 2 ZGB kann auf diese Vermögenswerte
demnach nicht anwendbar sein (LEMP, N. 28 zu Art. 196 ZGB; KNAPP,
aaO, N. 168, S. 40). Werden solche Vermögenswerte dagegen vom Ehemann
eingebracht, so verbleiben diese in seinem Eigentum. Fragen kann man sich
nun, ob Anschaffungen, die er als Ersatz für diese Vermögenswerte macht,
wiederum als sein eingebrachtes Gut vermutet werden oder ob die Vermutung
auf diejenigen Vermögenswerte beschränkt sein soll, für die sie der Frau
ebenfalls zugute kommt. Namentlich in unserer durch die Geldentwertung
gezeichneten Zeit kommt der Beantwortung dieser Frage wesentliche Bedeutung
zu. Die Frage kann im vorliegenden Fall jedoch offen bleiben.

    Da nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz eingebrachtes
Gut des Ehemannes mit eingebrachtem Gut der Ehefrau und vor allem mit
Errungenschaft in erheblichem Umfang vermischt worden ist, so dass nicht
mehr festgestellt werden kann, um wieviel der Wert des eingebrachten
Gutes einer jeden Partei und um wieviel der Wert der Errungenschaftsmasse
zugenommen hat, rechtfertigt es sich - wie die Vorinstanzen bereits
gestützt auf LEMP (N. 47 zu Art. 214 ZGB) zutreffenderweise angenommen
haben -, die ganze Liegenschaft der Errungenschaft zuzurechnen und für
die eingebrachten Güter Ersatzforderungen zuzulassen.

    Schulden aus einer Anschaffung lasten auf jener Vermögensmasse,
welche die angeschaffte Leistung erhält (LEMP, N. 25 zu Art. 196 und
N. 37 zu Art. 214 ZGB). Da die hypothekarisch gesicherten Darlehen dem
Hausbau dienten und somit zur Vergrösserung der Errungenschaft beitrugen,
sind die Hypothekarschulden dieser Vermögensmasse zu belasten.

    Das Vorgehen der Vorinstanz, welche den Wert der Liegenschaft
unter Abzug der Hypothekarschulden der Errungenschaft zurechnete und
für die eingebrachten Güter Ersatzforderungen zuliess, entsprach somit
Bundesrecht. Die Berufung erweist sich infolgedessen in diesem Punkte
als unbegründet.