Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 II 384



100 II 384

58. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Juli 1974 i.S. Dürst-Wismer gegen
Liegenschaften und Beteiligungen AG. Regeste

    Aktienrecht. Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses.

    Art. 698 OR. Die Verwaltung darf, auch wenn sie zur Entscheidung
primär befugt ist, die Genehmigung der Generalversammlung vorbehalten und
einholen. Ein entsprechender Beschluss der Generalversammlung verstösst
nicht gegen die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung (Erw. 2 a).

    Art. 648 und 649 OR. Ein Vertrag, der eine Gesellschaft dem Wesen und
der Organisation nach verändert sowie ihren Geschäftsbereich ausdehnt und
verengt, muss der Generalversammlung zur Beschlussfassung unterbreitet
werden (Erw. 2 b). Ein Generalversammlungsbeschluss darf vom Richter
nicht auf seine Angemessenheit hin überprüft werden (Bestätigung der
Rechtsprechung; Erw. 3).

    Art. 646 und 660 OR. Das Recht des Aktionärs auf Anteil am Reingewinn
wird nicht verletzt, wenn die Gesellschaft aus sachlichen Gründen eine
Geschäftspolitik betreibt, die nur auf lange Sicht gewinnbringend ist
(Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Die am 29. Juni 1970 in Zürich durchgeführte ausserordentliche
Generalversammlung der FABAG Fachschriften-Verlag und Buchdruckerei AG
beschloss mit 5956 gegen 1081 Stimmen die Genehmigung des sogenannten
"Fusions"-Vertrages mit der Druckerei Winterthur AG vom 22. Mai 1970;

    mit 6030 gegen 1007 Stimmen die Änderung des Gesellschaftsnamens in
"Liegenschaften und Beteiligungen AG";

    die Änderung der Gesellschaftsstatuten wie folgt:

    "Art. 1 Unter der Firma 'Liegenschaften und Beteiligungen AG'
besteht In Zürich und auf unbeschränkte Dauer eine Aktiengesellschaft. Die
Gesellschaft kann durch Beschluss des Verwaltungsrates Zweigniederlassungen
und Agenturen im In- und Ausland errichten.

    Art. 2

    Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb, die Verwaltung und Veräusserung
von Liegenschaften und Beteiligungen an andern Unternehmungen.

    Die Gesellschaft kann alle mit dem Gesellschaftszweck direkt oder
indirekt zusammenhängenden Geschäfte tätigen."

    Der genannte "Fusions"-Vertrag bestimmte u.a.:

    die Parteien vereinbaren einen wirtschaftlichen Zusammenschluss in
der Weise, dass die Buchdruckerei Winterthur AG den Betrieb, den Verlag
und drei Beteiligungen - nicht jedoch die übrigen Aktiven und Passiven -
der FABAG übernimmt, gemäss Übernahmebilanz vom 1. Januar 1970, nach der
sich ein Übernahmepreis von Fr. 600 000.-- ergibt;

    über diese Sacheinlage hinaus zeichnet die FABAG anlässlich der
Kapitalerhöhung der Druckerei Winterthur und liberiert sie in bar den
Betrag von Fr. 3 000 000.-- für die Übernahme von Aktien im Nominalwert
von Fr. 3 000 000.--;

    die gesamten Sach- und Bareinlagen der FABAG werden im Verhältnis
zum Saldo aus Aktiven und Passiven der Druckerei Winterthur mit 55%
bewertet, und dementsprechend werden der FABAG als Gegenleistung Fr. 3
600 000.-- des nominellen Aktienkapitals von Fr. 6 600 000.-- der
zusammengelegten Unternehmung überlassen; die FABAG bleibt bestehen als
Verwaltungsgesellschaft für Immobilien und Beteiligungen;

    die Druckerei Winterthur ändert ihren Firmennamen in "FABAG und
Druckerei Winterthur AG, Druckerei- und Verlagsunternehmungen";

    nach der Unterzeichnung des Vertrages berufen die beiden fusionierenden
Unternehmen auf einen Termin bis Ende Juni 1970 ausserordentliche
Generalversammlungen ein. denen die wirtschaftliche Fusion auf Grundlage
des Vertrages zur Genehmigung vorgelegt wird;

    der Vertrag ist nur gültig. sofern die ausserordentlichen
Generalversammlungen der beiden Unternehmungen die entsprechenden
Beschlüsse fassen.

    B.- Frau Frieda Dürst, Nutzniesserin von 127 Stammaktien und
865 Prioritätsaktien der FABAG, liess sich in der ausserordentlichen
Generalversammlung vom 29. Juni 1970 durch Hansjürg Lenhard vertreten, der
seinerseits Dr. H. Egli zur Vertretung einer Stammaktie ermächtigte. Beide
stimmten gegen die Genehmigung des Fusionsvertrages.

    C.- Am 27. August 1970 reichte Frau Dürst gegen die Liegenschaften
und Beteiligungen AG eine Klage ein. Sie beantragte, "die Beschlüsse der
ausserordentlichen Generalversammlung der FABAG Fachschriften-Verlag und
Buchdruckerei AG, Zürich, vom 29. Juni 1970 betr. Zusammenarbeit und
Beteiligung an der Druckerei Winterthur AG aufzuheben". Die Klage wurde
von den Gerichten des Kantons Zürich, vom Obergericht mit Urteil vom
28. Januar 1974, abgewiesen.

    D.- Die Klägerin legte Berufung an das Bundesgericht ein. Sie
beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben, die Klage (soweit sie
die Genehmigung des Fusionsvertrages durch den Generalbersammlungsbeschluss
betrifft) gutzuheissen, eventuell die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

    Die Beklagte schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Entscheides.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 706 Abs. 1 OR können Beschlüsse der Generalversammlung
einer Aktiengesellschaft, die gegen das Gesetz oder die Statuten
verstossen, von jedem Aktionär beim Richter angefochten werden. Dabei
gilt als Gesetzesverletzung auch der Verstoss gegen einen allgemeinen
ungeschriebenen Grundsatz des Aktienrechts (BGE 95 II 162). Die
Klägerin verlangt die Aufhebung des Beschlusses der ausserordentlichen
Generalversammlung der FABAG über die Genehmigung des Fusionsvertrages mit
der Druckerei Winterthur AG aus formellen und materiellen Gründen, nämlich
mangels Zuständigkeit sowie wegen Unsachlichkeit und Missachtung des
Anspruchs der Aktionäre auf gewinnbringende Geschäftsführung. Nichtigkeit
des Beschlusses macht sie - sowenig wie im kantonalen Verfahren
auch vor Bundesgericht nicht geltend. Wäre sie erfüllt, so müsste
sie allerdings von Amtes wegen beachtet werden. Indessen liegt ein
Sachverhalt, der Nichtigkeit bewirken könnte (vgl. BÜRGI, N. 8 ff. zu
Art. 706 OR; SCHUCANY, N. 2 zu Art. 706 OR, VON STElGER, Das Recht der
Aktiengesellschaft, 4. Aufl., S. 204). im vorneherein nicht vor.

Erwägung 2

    2.- Die Klägerin hält in der Berufung daran fest, die
Generalversammlung sei nicht befugt gewesen, über die Beteiligung der
Beklagten an der Buchdruckerei Winterthur AG zu beschliessen. Sie ist
der Ansicht, der angefochtene Beschluss verstosse gegen die gesetzliche
und statutarische Zuständigkeitsordnung und sei daher aufzuheben.

    a) Das Obergericht geht von der Annahme aus, die Verwaltung sei an
sich zu selbständiger Entscheidung befugt gewesen. Es betrachtet aber
diese Zuständigkeit nicht als ausschliesslich, sondern anerkennt, dass
die Verwaltung berechtigt war, die Genehmigung der Generalversammlung
vorzubehalten und einzuholen.

    Das Gesetz (Art. 698 OR) und auch die Statuten der FABAG
(Art. 9) bezeichnen die Generalversammlung als oberstes Organ der
Gesellschaft. Art. 698 OR weist der Generalversammlung eine Reihe
unübertragbarer Befugnisse zu. So hat sie insbesondere die Statuten
aufzustellen und abzuändern, die Verwaltung und Kontrollstelle
zu wählen und abzuberufen, der Verwaltung Entlastung zu erteilen,
mithin Aufgaben zu erfüllen, die an der grundsätzlichen Rangordnung der
Gesellschaftsorgane keinen Zweifel aufkommen lassen (vgl. BÜRGI, N. 2 zu
Art. 698 sowie N. 10, 11, 12 und 16 zu Art. 721 OR; VON STElGER, aaO, S. 1
Bl). Daran ändert der Hinweis der Klägerin auf BGE 78 II 375, wo von der
"Gleichstellung der Gesellschaftsorgane" die Rede ist, nichts. Die Organe
der Aktiengesellschaft sind einander nur relativ, d.h. je mit Bezug auf
die ihnen zugewiesenen Kompetenzbereiche gleichgestellt.

    Der Verwaltung obliegen die Geschäftsführung und Vertretung der
Gesellschaft. Ihre Rechte und Pflichten richten sich nach Gesetz, Statuten,
Reglementen und Generalversammlungsbeschlüssen (Art. 712 ff., 717 ff., 721
ff. OR; BÜRGI, N. 16 zu Art. 721 OR). Der Klägerin ist darin zuzustimmen -
und das verkennt auch das Obergericht nicht -, dass die Verwaltung die
ihr zugewiesenen Befugnisse, soweit überhaupt, nur an ihr unterstellte
Organe, nicht an die ihr übergeordnete Generalversammlung "delegieren"
kann (betreffend Übertragbarkeit der Verwaltungstätigkeit, vgl. SCHUCANY,
N. 1 zu Art. 707 OR; BÜRGI, N. 15 zu Art. 712 OR). Aber darum geht es nicht
und ebensowenig um einen Eingriff der Generalversammlung in Kompetenzen
der Verwaltung. Zu beurteilen ist vielmehr, ob das vom Obergericht der
Verwaltungstätigkeit im weitern Sinne zugerechnete Sachgeschäft von der
Generalversammlung behandelt werden durfte. Es liegt in der Natur der
aktienrechtlichen Organisation, dass die mit Wahl-, Entlassungs-, Prüfungs-
und Entlastungsrechten ausgestattete Generalversammlung (Art. 698, 705 OR)
durch richtungweisende Beschlüsse und Weisungen in die grundsätzlich der
Verwaltung zustehende Geschäftsführung und Vertretung eingreifen kann
(BÜRGI, N. 16 zu Art. 721 OR, VON STElGER, aaO, S. 218). Anderseits
war im vorliegenden Fall die Verwaltung der FABAG berechtigt, die
Generalversammlung einzuberufen und ihr Anträge zu unterbreiten (Art. 9 und
19 der Statuten). Sie durfte daher von sich aus die Generalversammlung um
Erlass bestimmter Anordnungen oder richtungweisender Beschlüsse ersuchen
oder ihr - wie hier - ein von ihr vorbereitetes wichtiges Geschäft zur
Beschlussfassung unterbreiten, für das sie auf Grund der ordentlichen
Rechenschatfspflicht ohnehin einzustehen hatte. Dazu kommt, dass der
Beteiligungsvertrag selber als Gültigkeitserfordernis die Genehmigung
durch die ausserordentlichen Generalversammlungen der beiden Unternehmen
vorsieht. Die Generalversammlung wurde dadurch weder vor vollendete
Tatsachen gestellt noch in eine Zwangslage versetzt. Sie hätte die
Genehmigung verweigern oder auf den Antrag nicht eintreten können, ohne
dass deswegen irgendwelche Schadenersatzansprüche entstanden wären. Indem
sie statt dessen den Vertrag genehmigte, entzog sie nicht eigenmächtig
der Verwaltung die Geschäftsführung und Vertretung, sondern handelte
auf deren Ersuchen, was zulässig ist (vgl. BGE 83 II 64). Die Ansicht
der Klägerin, das der Generalversammlung vorgelegte Geschäft hätte,
um wirksam zu sein, von allen Aktionären gutgeheissen werden müssen,
hält nicht stand. Die Generalversammlung beschliesst mit der absoluten
Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen, soweit nicht Gesetz oder Statuten
es anders bestimmen, was hier nicht zutrifft (Art. 703 OR; BGE 99 II 59,
62, 95 II 163). Zudem verkennt die Klägerin, dass der fragliche Beschluss
nach Art. 706 OR auch insoweit nicht angefochten werden kann, als er auf
einem Sachverhalt beruht, der Anlass zu einer Verantwortlichkeitsklage
geben kann (BGE 92 II 246). Bleibt aber dem einzelnen Aktionär das Recht
zur Erhebung einer solchen Klage gewahrt, so besteht kein Raum für die
Behauptung der Klägerin der angefochtene Beschluss verstosse gegen den
Grundsatz der Gleichbehandlung, da er den Mitgliedern der Verwaltung
durch den "Ausschluss ihrer Verantwortung Vorteile" verschaffe und damit
gegen die Interessen der Gesellschaft verstosse. Sodann übersieht die
Klägerin, dass die Zuständigkeit der Generalversammlung weder von einer
in der Berufungsschrift nicht näher umschriebenen "Interessenlage"
noch von der Stimmkraft der Mitglieder der Verwaltung abhängt. Diese
durften ihr Stimmrecht in der Generalversammlung ausüben und sich für
die Genehmigung des Vertrages aussprechen, ob sie die Aktienmehrheit
besassen oder nicht. Sie hätten von Gesetzes wegen sich bloss dann
nicht an der Abstimmung beteiligen dürfen, wenn es um ihre Entlastung
gegangen wäre (Art. 695 OR). Der von der Klägerin erhobene Vorwurf des
Rechtsmissbrauchs beruht auf der unzutreffenden Annahme, durch den
Generalversammlungsbeschluss sei die aktienrechtliche Verantwortung
der Verwaltung ausgeschlossen worden. Im übrigen übten die Mitglieder
der Verwaltung ihr Stimmrecht nicht schon dann missbräuchlich aus, wenn
sie - allenfalls - ihre eigenen Interessen jenen der Gesellschaft oder
einer Minderheit von Aktionären voranstellten (vgl. BGE 99 II 62 mit
Hinweisen). Es bleibt somit dabei, dass der angefochtene Beschluss selbst
unter Voraussetzung primärer Entscheidungskompetenz der Verwaltung nicht
gegen die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung verstiess.

    b) Hinzu kommt, und das abweichend von der Meinung des Obergerichtes,
dass die Generalversammlung über das streitige Sachgeschäft nicht bloss
Beschluss fassen durfte, sondern musste.

    Das Obergericht hält im Gegensatz zum Bezirksgericht dafür, dass
Art. 649 OR nicht anwendbar, die Generalversammlung also nicht zwingend
zuständig gewesen sei. Es erklärt, das Bezirksgericht habe unter dem
Gesichtspunkt des Art. 649 OR nicht unterschieden zwischen der Änderung
der Firma und ihres Zweckes einerseits und der Beteiligung an der
Buchdruckerei Winterthur anderseits. Angefochten sei nur der Beschluss
über die Beteiligung der FABAG. Beteiligungen seien aber nach den alten
Statuten (Art. 2 Abs. 2) im Gesellschaftszweck erwähnt gewesen und in
die Zuständigkeit der Verwaltung (Art. 19 der Statuten) gefallen, wenn
es sich nicht um die Vereinigung mit andern Unternehmungen gehandelt
habe. Eine Fusion nach Art. 748 ff. OR liege nicht vor, da die Beklagte
und die Buchdruckerei Winterthur AG als selbständige juristische Personen
weiter bestanden hätten.

    Das Obergericht übersieht, dass Art. 649 OR einen
Generalversammlungsbeschluss nicht bloss für die Fusion nach Art. 748
ff. OR, sondern auch für andere Tatbestände, wie z.B. Verengerung und
Erweiterung des Gesellschaftszweckes zwingend vorsieht. Beteiligungen
waren nach den Statuten der FABAG zwar zulässig, aber nicht als
Gesellschaftszweck, sondern nur als Mittel dazu. Nach Art. 2 Abs. 1
der Statuten bildete "Gegenstand und Zweck des Unternehmens ... die
Herausgabe und die pachtweise Übernahme von Fachzeitschriften und
anderen Verlagswerken aller Art, sowie der Betrieb einer Buch- und
Kunstdruckerei und einer Tiefdruckanstalt". Art. 2 Abs. 2 der Statuten
bestimmte sodann, dass sich die Gesellschaft "zur Durchführung des
Gesellschaftszweckes" u.a. auch "an anderen Unternehmungen ihrer Branche
in irgendwelcher Form beteiligen" konnte. Erst im neuen Art. 2 Abs. 1
der Statuten wurden Beteiligungen zum eigentlichen Gesellschaftszweck
erhoben. Daran geht die Stellungnahme des Obergerichts zur Anschauung
des Bezirksgerichts vorbei. Die Beteiligung, mit dem Inhalt und den
Wirkungen des Fusionsvertrages, wurde durch den Gesellschaftszweck der
FABAG nicht gedeckt, sondern sie lief ihm zuwider. Zuzustimmen ist daher
der Ansicht des Bezirksgerichtes, dass der Fusionsvertrag über eine blosse
Beteiligung gemäss Art. 2 der ursprünglichen Statuten weit hinausging,
indem er die Gesellschaft dem Wesen und der Organisation nach (Umwandlung
der Betriebsgesellschaft in eine Verwaltungs- und Holdinggesellschaft)
veränderte und ihren Geschäftsbereich sowohl ausdehnte wie verengte. Damit
ist - dies im Unterschied zur Ansicht des Bezirksgerichts - nicht bloss
fraglich, sondern als erwiesen zu betrachten, dass durch den Vertrag auch
der Gesellschaftszweck verändert werden sollte. Die Generalversammlung ist
somit nach Art. 648 und 649 OR zwingend zur Beschlussfassung zuständig
gewesen. Sie hat über die Genehmigung des Fusionsvertrages zu Recht
und mit erforderlicher Mehrheit, nämlich einem Stimmenverhältnis von
6:1 entschieden.

    Im übrigen hat sie als ausschliesslich zuständiges Organ die
Statutenänderung beschlossen. Diese setzte den Fusionsvertrag nicht
nur voraus, sondern war durch ihn bedingt. Ihre Gutheissung durch die
Generalversammlung schloss daher zwangsläufig die Genehmigung des Vertrages
ein. Sie ist, da sie ebenfalls mit einem Stimmenverhältnis von 6:1 zustande
kam, auch insoweit als gültig zu betrachten. Die Klägerin hat diesen
Beschluss nicht angefochten, so dass der Streit um die Zuständigkeit
der Generalversammlung überhaupt gegenstandslos wird. Unter solchen
Umständen braucht auf die Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe
das Anfechtungsrecht verwirkt, nicht eingetreten zu werden.

Erwägung 3

    3.- In materieller Hinsicht behauptet die Klägerin zunächst, der
Generalversammlungsbeschluss sei "unsachlich".

    a) Die Vorinstanz führt aus, die Klägerin gebe zu, dass
Unzweckmässigkeit oder Unangemessenheit keine Anfechtungsgründe seien. Die
Klägerin rügt diese Feststellung als "aktenwidrig".

    Massgebend ist indessen nur ein offensichtliches Versehen (Art. 55
Abs. 1 lit. d und 63 Abs. 3 OG). Ein solches wäre, auch wenn es vorläge,
unerheblich, da die Klägerin in der Berufung bestätigt, sie habe sich im
kantonalen Verfahren auf Unsachlichkeit des Beschlusses berufen.

    Das Obergericht stellt - unter dem Gesichtspunkt des streitigen
Anfechtungsgrundes - fest die Verwaltung habe den Maschinenpark der
Beklagten als veraltet angesehen und eine Modernisierung als ausserhalb
ihrer finanziellen Möglichkeiten liegend erachtet; der Antrag sei ferner
damit begründet worden, dass der moderne Maschinenpark der Buchdruckerei
Winterthur AG nicht ausgelastet und es daher sinnlos sei, dass die
Beklagte einen gleichen Maschinenpark anschaffe auf die Gefahr hin,
dass danach beide Betriebe nicht mehr ausgelastet wären.

    Die Beklagte beanstandet auch diese Feststellung des Obergerichts als
"aktenwidrig". Ein offensichtliches Versehen, das, wie erwähnt, allein
beachtlich ist, liegt nicht vor. Das Obergericht berücksichtigt nicht
bloss das von der Beklagten erwähnte Protokoll der Generalversammlung,
sondern stützt sich auf weitere Aktenstücke, die alle zusammen mit der
angefochtenen Feststellung zwar nicht wörtlich, aber dem Sinne nach
übereinstimmen.

    b) Das Obergericht hält die im Urteil wiedergegebenen Überlegungen
des Verwaltungsrates der Beklagten, welche die Grundlage jedes
Konzentrationsprozesses in der Wirtschaft bilden, nicht für unvernünftig.
Diese Würdigung lässt nach Auffassung der Klägerin ausser acht,
zu welchen Bedingungen die Beteiligung eingegangen worden sei und
welchen Einfluss sie auf Vermögen und Ertrag der Gesellschaft gehabt
habe. Ihre Behauptungen, die Prüfung dieser umstände hätte ergeben, dass
der angefochtene Beschluss sachlich nicht zu rechtfertigen gewesen sei,
was die seitherige Entwicklung zeige, sind in keiner Weise belegt. Die
Beklagte beruft sich für ihren Standpunkt nicht auf konkrete Vorbringen
und Beweisanträge im kantonalen Verfahren, auf welche die Vorinstanz in
Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften nicht abgestellt habe. Aus
dem Protokoll der Generalversammlung geht hervor, dass die Gründe sowie
die Vor- und Nachteile des teilweisen Zusammenschlusses erörtert worden
sind. Es bietet sowenig wie der Beteiligungsvertrag einen Anhalt für
die Einwände der Klägerin. Es bleibt demnach bei der Feststellung des
Obergerichtes, der angefochtene Beschluss sei allgemein als im Interesse
der Beklagten liegend betrachtet, und es seien insbesondere keinerlei
Sonderinteressen einer Aktionärgruppe verfolgt worden. In der Tat will
die Beklagte mit der Berufung - wie schon im kantonalen Verfahren - unter
dem Deckmantel der Unsachlichkeit - den Generalversammlungsbeschluss auf
seine Angemessenheit und Zweckmässigkeit hin überprüfen lassen, was nicht
zulässig ist (BGE 99 II 62, 95 II 163 ff., 93 II 403, 405, 91 II 310).

Erwägung 4

    4.- Die Klägerin hält schliesslich daran fest, der angefochtene
Beschluss verletze auch den Anspruch des Aktionärs auf gewinnbringende
Geschäftsführung.

    Nach Art. 646 und 660 OR hat der Aktionär ein wohlerworbenes Recht auf
Anteil am Reingewinn. Er hat demnach Anspruch darauf, dass die Gesellschaft
sich bestrebt, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Gewinne zu
erzielen. Dieses Recht des Aktionärs wird indessen durch das weitgehende
Ermessen der Gesellschaft, welche neben der Gewinnerzielung auch andere
Interessen (z.B. Existenzsicherung der Arbeitnehmer, Investitionen)
wahrzunehmen hat, eingeschränkt. Der einzelne Aktionär muss sich demnach
damit abfinden, dass die Gesellschaft (nach dem Willen der Mehrheit der
Aktionäre) aus sachlichen Gründen eine Gesellschaftspolitik betreibt,
die nur auf lange Sicht gewinnbringend ist (vgl. BÜRGI, N. 11-13 zu
Art. 660/61 OR). Das Obergericht stellt unangefochten fest, dass von der
Klägerin nicht behauptet worden sei, die Beklagte habe das Streben nach
Gewinn aufgegeben; sie sehe bloss im Beteiligungsvertrag eine Gefahr,
dass inskünftig die Druckerei weniger oder keinen Gewinn abwerfe. Darin
liegt nach zutreffender Ansicht des Obergerichtes kein Anfechtungsgrund,
auch wenn die Klägerin nach der bisherigen Entwicklung Recht gehabt
hat und weiterhin Recht haben sollte. Ist nämlich zu unterstellen, die
Beklagte habe mit der Absicht auf Gewinnerzielung gehandelt, so stellt
sich die Frage nicht, ob die mit dem Beteiligungsbeschluss verfolgte
Geschäftspolitik nach den gegebenen Umständen sachlich gerechtfertigt war.

    Die Klägerin ficht die vom Obergericht angeführten Gründe über die
Beteiligung der Beklagten an der Druckerei Winterthur AG auch hier als
aktenwidrig an. Die Rüge ist, wie dargelegt (vgl. Erw. 4), unbegründet.

    Ferner wirft die Klägerin der Vorinstanz vor, sie habe ohne
entsprechende Behauptung der Beklagten und damit in Verletzung von
Art. 8 ZGB als erwiesen angenommen, dass der finanzielle Niedergang der
Buchdruckerei Winterthur AG im Zeitpunkt der Beschlussfassung in keiner
Weise erkennbar gewesen sei; dass die Entwicklung ebensogut aufwärts wie
abwärts hätte verlaufen können. Auch dieser Einwand trifft nicht zu. Die
beanstandete Stelle des Urteils enthält, wie sich aus dem Zusammenhang
der Begründung ergibt, keine Feststellung, sondern eine Würdigung von
Tatsachen. Das Obergericht zieht nämlich aus den Erläuterungen des
Verwaltungsrates in der Generalversammlung den Schluss, die Beklagte
habe mit der Beteiligung ein eigenes Risiko vermeiden wollen; es sei also
durchaus nicht die Absicht der Verwaltung und der Aktionärmehrheit gewesen,
die Gewinnerzielung aufzugeben, sondern gegenteils die Möglichkeiten
dafür zu erhalten; unbestreitbar sei damit ein spekulatives Element in
die Betriebspolitik hineingetragen worden; doch sei ein finanzieller
Niedergang im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht erkennbar und die
gegenteilige Entwicklung der Beklagten möglich gewesen. Das durfte das
Obergericht nach den konkreten Gegebenheiten auch ohne dahingehende
Parteibehauptung folgern. Bleibt es demnach bei seiner Erwägung, so
verstösst auch seine weitere Überlegung nicht gegen Bundesrecht, der
Beschluss der Mehrheit liege im Rahmen dessen, was im Geschäftsbetrieb
einer Aktiengesellschaft zulässig sei.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (I.
Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 28. Januar 1974 bestätigt.