Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 III 16



100 III 16

6. Entscheid vom 7. August 1974 i.S. Stutz Regeste

    Versteigerung eines gepfändeten Gegenstandes; Begriff der Barzahlung
(Art. 129 SchKG).

    Sehen die Steigerungsbedingungen Barzahlung vor, so ist der
Betreibungsbeamte nicht gehalten, die Steigerung zu unterbrechen, um
einem Interessenten zu ermöglichen, bei einer Bank das für den Zuschlag
erforderliche Geld abzuheben.

Sachverhalt

    A.- Das Betreibungsamt Bremgarten brachte am 20.  November 1973
in der Betreibung Nr. 5189 eine streitige Forderung des Schuldners
Walter Stutz gegen Martin Wiederkehr-Gugerli in der Höhe von Fr.
23 000.-- zur öffentlichen Versteigerung. In den Steigerungsbedingungen
war festgehalten, dass die Forderung dem Meistbietenden "wie üblich
gegen sofortige Barzahlung" zugeschlagen werde. An der Versteigerung
ging das höchste Angebot, nämlich Fr. 4050.--, vom Schuldner aus, der
indessen nicht in der Lage war, diesen Betrag bar bzw. mittels Check zu
bezahlen. Er erklärte zwar, er könne das Geld sofort auf der Bank holen,
doch war der Betreibungsbeamte mit einer Unterbrechung der Steigerung nicht
einverstanden. Daher erfolgte der Zuschlag um das zweithöchste Angebot
von Fr. 4000.-- an den Vertreter des Gläubigers, Fürsprech Bisegger.

    B.- Gegen diese Verfügung führte der Schuldner beim Präsidenten
des Bezirksgerichts Bremgarten Beschwerde mit dem Antrag, der Zuschlag
an Fürsprech Bisegger sei aufzuheben und die Forderung sei für Fr.
4050.-- ihm zuzuschlagen. Mit Entscheid vom 4. Januar 1974 wies der
Gerichtspräsident die Beschwerde ab. Dieser Entscheid wurde von der
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons
Aargau mit Urteil vom 9. Mai 1974 bestätigt.

    C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt der Schuldner, das Urteil
des Obergerichts sei aufzuheben und die Forderung um Fr. 4050.-- ihm
zuzuschlagen.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Mit dem Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG kann
lediglich geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid sei
gesetzwidrig. Ermessensfehler können dagegen mit diesem Rechtsmittel nicht
gerügt werden (BGE 97 III 126, 96 III 16, 93 III 119, 91 III 57). Eine
Frage der Angemessenheit, die vom Bundesgericht nicht überprüft werden
kann, ist es aber insbesondere, ob die Versteigerung eines gepfändeten
Gegenstandes gegen Barzahlung erfolgen oder ob dem Ersteigerer im Sinne von
Art. 129 Abs. 2 SchKG ein Zahlungstermin gewährt werden soll (JAEGER, N. 3
zu Art. 129 SchKG). Ein Recht auf Einräumung einer Zahlungsfrist besteht
nur, wenn es in den Steigerungsbedingungen ausdrücklich anerkannt ist
(JAEGER/DAENIKER, N. 3 zu Art. 129 SchKG; FAVRE, Droit des poursuites,
3. Aufl., S. 223).

    Im vorliegenden Fall sahen die Steigerungsbedingungen Barzahlung
vor. Der Rekurrent konnte die von ihm gebotene Summe jedoch nicht bar
bezahlen, auch nicht mittels Check (vgl. dazu BGE 91 III 68/69). Unter
diesen Umständen handelte der Betreibungsbeamte richtig, wenn er die
Versteigerung auf Grundlage des nächsttieferen Angebotes fortsetzte und,
da niemand weiter bot, die Forderung Fürsprech Bisegger zuschlug (FAVRE,
aaO S. 223/224; vgl. die ausdrückliche Regelung in Art. 60 Abs. 2 VZG
für den Fall der Versteigerung von Grundstücken). Auf das Begehren des
Rekurrenten, die Versteigerung für wenige Minuten zu unterbrechen, um ihm
Gelegenheit zu bieten, den erforderlichen Betrag bei der Bank zu holen,
brauchte er nicht einzugehen. Wer das Geld zuerst beschaffen muss,
ist eben nicht in der Lage, bar zu bezahlen. Es ist daher unerheblich,
ob der entsprechende Betrag tatsächlich bei der Aargauischen Hypotheken-
und Handelsbank in Bremgarten verfügbar war, wie der Rekurrent mit einer
in Missachtung von Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG eingereichten Bestätigung
der Bank zu beweisen versucht.

    2. -- Der Rekurrent macht geltend, unter den gegebenen Umständen sei
die Weigerung des Betreibungsbeamten, die Versteigerung für einige Minuten
zu unterbrechen, unangemessen gewesen. Er wirft der Aufsichtsbehörde vor,
sie habe nicht ernsthaft geprüft, ob der Betreibungsbeamte von seinem
Ermessen richtigen Gebrauch gemacht habe, worin ein Ermessensmissbrauch
zu erblicken sei.

    Hat eine Aufsichtsbehörde eine Verfügung auf ihre Angemessenheit zu
überprüfen, so hat sie ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der Behörde zu
setzen, die die angefochtene Verfügung erlassen hat (BGE 97 III 126,. 86
III 123/124). Tut sie dies nicht, sondern begnügt sie sich mit der Prüfung
der Frage, ob die Verfügung gesetzwidrig oder offensichtlich unangemessen
sei, so schränkt sie ihre Prüfungsbefugnis in unzulässiger Weise ein
(JAEGER, N. 8 zu Art. 17 SchKG), was mit dem Rekurs im Sinne von Art. 19
SchKG gerügt werden kann.

    Ob es im Ermessen des Betreibungsbeamten stand, die Versteigerung zu
unterbrechen, um dem Rekurrenten zu ermöglichen, Bargeild herbeizuschaffen,
ist zweifelhalt, kann aber offen bleiben. Entgegen den Behauptungen des
Rekurrenten hat die Aufsichtsbehörde ihre Kognition nämlich nicht in
unzulässiger Weise eingeschränkt. Wohl wird im angefochtenen Entscheid
ausgeführt, im Vorgehen des Betreibungsbeamten könne keine Willkür erblickt
werden. In Wirklichkeit hat die Aufsichtsbehörde aber ihre Prüfung nicht
auf Willkür beschränkt, sondern sie hat die Angemessenheit der Verfügung
des Betreibungsbeamten, die Versteigerung nicht zu unterbrechen,
frei überprüft. So hat sie insbesondere in Erwägung gezogen, der
Betreibungsbeamte habe Grund gehabt, die Zahlungsfähigkeit des Rekurrenten
anzuzweifeln, da gegen diesen definitive und provisorische Verlustscheine
hätten ausgestellt werden müssen. Dieser Umstand habe den Beamten bewogen,
die Möglichkeit der Zahlungsbefristung zum vornherein auszuschliessen, um
eine klare Situation zu schaffen und einem missbräuchlichen Hinaufsteigern
der Angebote vorzubeugen. Wenn der Betreibungsbeamte dem Rekurrenten die
Möglichkeit geboten habe, den Betrag von Fr. 4050.-- mittels Check zu
bezahlen, so sei darin kein Widerspruch zum Festhalten an der Barzahlung
zu erblicken, denn der Check stelle ein Zahlungsmittel dar, das dem Geld
gleichkomme. Die Aufsichtsbehörde hielt somit das Vorgehen des Beamten nach
eigener, freier Prüfung für gerechtfertigt. Dass sie nicht näher auf das
Argument des Rekurrenten einging, der Gläubiger habe denselben Vertreter
wie der Drittschuldner, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, denn
es ist nicht einzusehen, was dieser Umstand mit der Unterbrechung der
Versteigerung und dem Zuschlag an Fürsprech Bisegger zu tun haben soll.

    Der Rekurs ist daher als offensichtlich unbegründet abzuweisen.