Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 41



100 Ib 41

7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. April 1974 i.S. Fabriques de
Tabac Réunies SA gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum. Regeste

    Art. 7 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG. Befugnis zur Hinterlegung von Marken.

    1.  Die Eintragung einer Individualmarke setzt voraus, dass der
Hinterleger die Waren, die damit gekennzeichnet werden sollen, entweder
selber herstellt oder mit ihnen Handel treibt (Erw. 1).

    2.  Hinterlegung einer Marke, die der Inhaber Dritten zum Gebrauch
auf Bekleidungsstücken überlassen will, um für eine von ihm vertriebene
Zigarette zu werben (Erw. 2)?

Sachverhalt

    A.- Die Fabriques de Tabac Réunies SA in Neuenburg befasst sich mit
der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren sowie mit allen damit
zusammenhängenden Geschäften. Nach dem Handelsregistereintrag kann sie
sich mit anderen Betrieben des Tabakgewerbes zusammenschliessen oder
sie erwerben.

    Am 7. Mai 1973 ersuchte sie das eidg. Amt für geistiges Eigentum, das
Zeichen "B. Muratti" als Fabrik- und Handelsmarke in das schweizerische
Markenregister emzutragen. Das Zeichen ist für Bekleidungsstücke,
einschliesslich Stiefel, Schuhe, Hausschuhe, Taschentücher, Halstücher,
Schlipse, Kravatten, Gürtel, Hüte, Hemden, Leibchen, Mützen und Handschuhe
bestimmt.

    B.- Das Amt bezweifelte, dass die Gesuchstellerin als Unternehmen
des Tabakgewerbes auch für Textil- und Schuhwaren eine Marke hinterlegen
könne. Es forderte die Firma deshalb am 7. Juni 1973 auf, glaubhaft zu
machen, dass sie die Marke auf den beanspruchten Waren gebrauche oder
dies wenigstens ernsthaft beabsichtige. Die Gesuchstellerin antwortete
am 6. Juli 1973, sie lasse die im Warenverzeichnis aufgeführten
Bekleidungsstücke als Luxusartikel durch Dritte herstellen und mit der
Marke "B. Muratti" versehen, die Ware aber verbilligt durch besondere
Modegeschäfte verkaufen, um damit für die von ihr unter der Marke MURATTI
vertriebene Zigarette zu werben. Das Gesuch betreffe somit nicht eine
Fabrik-, sondern eine Handelsmarke.

    Nach einem weiteren Briefwechselwies das Amt das Gesuch am 7. Februar
1974 mit der Begründung zurück, die Firma sei nicht befugt, das Zeichen "B.
Muratti" als Marke für Textilien und Schuhwaren hinterlegen zu lassen;
die Marke weise übrigens wahrheitswidrig auf einen Geschäftsinhaber oder
Modeschöpfer dieses Namens hin, wirke also täuschend.

    C.- Die Fabriques de Tabac Réunies SA führt gegen diesen Entscheid
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und das
Zeichen "B. Muratti" als Handelsmarke im Register eintragen zu lassen,
eventuell unter Verschiebung des Anmeldedatums auf den 27. September 1973.

    Das Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Als Fabrik- und Handelsmarken kommen nach Art. 1 MSchG neben den
Geschäftsfirmen nur die Zeichen in Frage, die zur Unterscheidung oder zur
Feststellung der Herkunft gewerblicher und landwirtschaftlicher Erzeugnisse
oder Waren dienen und auf diesen selbst oder deren Verpackung angebracht
sind. Zur Hinterlegung ihrer Marken berechtigt sind gemäss Art. 7
Abs. 1 MSchG insbesondere Industrielle und sonstige Produzenten, deren
Produktionsgeschäft sich in der Schweiz befindet, sowie Handeltreibende
mit einer festen schweizerischen Handelsniederlassung.

    Die Eintragung einer Marke ist somit an die Bedingung geknüpft,
dass der Bewerber die Erzeugnisse, die damit gekennzeichnet werden
sollen, entweder selber herstellt oder mit ihnen Handel treibt (MATTER,
Kommentar zum MSchG, S. 46 und 126/7; DAVID, Kommentar zum MSchG,
2. Aufl. N 30 und 39 zu Art. 6; TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. II
S. 745/6 und 749). Gleich verhält es sich nach dem deutschen Recht
(vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, Bd. II N 27;
VON GAMM, Warenzeichengesetz, N 45 zu § 1 WZG).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, sie habe die Absicht,
selber Textilien und Schuhwaren herzustellen. Sie leitet ihre Berechtigung,
die Marke "B. Muratti" zu hinterlegen, vielmehr daraus ab, dass sie
das Zeichen auf den im Warenverzeichnis angegebenen Bekleidungsstücken
verwenden wolle. Um diese Absicht glaubhaft zu machen, verweist sie auf
zwei Kravattenmuster, die der Beschwerde beiliegen und den Schriftzug
"B. Muratti" tragen. Mehr ist der Beschwerdeschrift über die beabsichtigte
Verwendung des Zeichens nicht zu entnehmen. Sie enthält insbesondere keine
Anhaltspunkte dafür, die Beschwerdeführerin handle mit Textilien und
Schuhwaren oder beabsichtige, dies zu tun. Aus den Akten, insbesondere
aus der eigenen Erklärung der Beschwerdeführerin vom 4. Juli 1973,
erhellt dagegen, dass sie auf Textilien und Schuhwaren, die von anderen
Unternehmen hergestellt, gehandelt und verkauft werden, den Namenszug
"B. Muratti" anbringen lassen will, um für die von ihr unter der Marke
MURATTI vertriebenen Zigaretten zu werben.

    Ein solches Vorhaben hat mit den Funktionen, die eine Handelsmarke
nach dem vom Gesetz vorgeschriebenen Zweck zu erfüllen hat, jedoch
nichts zu tun, kann folglich auch nicht angerufen werden, um eine Marke
registrieren zu lassen. Die Marke ist ein Mittel, um die Herkunft der
Ware festzustellen oder sie von anderen Waren zu unterscheiden (BGE
99 II 108 Erw. 2). Die Hinterlegung eines reklamehaften Zeichens, das
weder auf den Hersteller noch auf den Händler der damit versehenen Waren
hinweist, widerspräche vielmehr der gesetzlichen Zweckbestimmung und ist
deshalb unzulässig. In diesem Sinne hat das Bundesgericht bereits mit
Bezug auf die Marke "TAR-ZAN" entschieden, die ihr Inhaber einzig zum
Zwecke hinterlegen wollte, anderen Firmen gestützt auf Lizenzverträge
die Befugnis zu verschaffen, ihre eigenen Erzeugnisse oder Waren mit dem
Namen dieser Filmfigur zu kennzeichnen (nicht veröffentlichtes Urteil
der I. Zivilabteilung vom 3. April 1973 i.S. Edgar Rice Burroughs Inc.).

    Zu Unrecht beruft sich die Beschwerdeführerin auf die angeblich
abweichende Rechtsanschauung im österreichischen Markenrecht. Die von
ihr angeführten Stellen aus SONN/PRETTENHOFER/KOCH, Warenzeichenrecht,
haben nicht den Sinn, den ihnen die Beschwerdeführerin beilegt. Die
Ausführungen S. 399 Ziff. 2 und namentlich S. 865 Ziff. 14 entsprechen
vielmehr der schweizerischen und deutschen Auffassung. Dies gilt
insbesondere von der letztgenannten Stelle, an der gesagt wird, das
Markenrecht könne nur für ein bestimmtes Unternehmen und zur Bezeichnung
bestimmter von diesem Unternehmen in Verkehr zu setzender Waren erworben
werden, eine Marke könne daher nur für solche Waren eingetragen werden,
die aus dem markenberechtigten Unternehmen tatsächlich hervorgehen oder
doch nach der herrschenden gewerblichen Einteilung hervorgehen können. Dem
widerspricht keineswegs, dass auf S. 865/6 Ziff. 16 ausgeführt wird,
vom markenrechtlichen Standpunkt aus sei es gleichgültig, wie weit die
gewerberechtlichen Befugnisse des Unternehmens reichen; es komme vielmehr
auf die Umstände des konkreten Falles an. Was damit gemeint ist, erhellt
aus dem angegebenen Beispiel, wonach ein Unternehmen eine Marke für
"landwirtschaftliche Produkte" neben "Nährmitteln" rechtswirksam nicht
hinterlegen kann, wenn es von solchen Produkten nur Nährmittel absetzt.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 MSchG hat das Amt für geistiges
Eigentum die Eintragung einer Marke unter anderem dann zu verweigern, wenn
der Bewerber zur Hinterlegung nicht berechtigt ist. Diese Berechtigung hat
das Amt der Beschwerdeführerin nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht
feststeht, zu Recht abgesprochen, weshalb auch die Rückweisung des
Eintragungsgesuches nicht zu beanstanden ist. Was die Beschwerdeführerin
gegen die Zuständigkeit des Amtes einwendet, geht samt und sonders fehl
und braucht angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht widerlegt
zu werden.

    Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob das Zeichen "B.
Muratti" den Vorschriften des Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 und 4 widerspreche
und auch deshalb von der Eintragung auszuschliessen wäre.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.