Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 404



100 Ib 404

70. Urteil vom 27. November 1974 i.S. Hämmig und Mitbeteiligte gegen
Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK) und Eidg. Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement (EVED). Regeste

    Enteignung. 50 kV-Leitung: Freileitung oder Verkabelung?

    1.  Die Rechtswirkungen, welche Art. 4 Abs. 1-3 des Bundesbeschlusses
über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März
1972 für die provisorischen Schutzgebiete vorsieht, gelten nicht für den
Bau elektrischer Leitungen. Ob diese als Freileitung zu führen oder aus
Gründen des Landschaftsschutzes zu verkabeln sind, beurteilt sich nach der
einschlägigen Spezialgesetzgebung (Art. 3 NHG, Art. 9 EntG in Verbindung
mit Art. 49/50 ElG); danach ist in jedem Falle eine Interessenabwägung
vorzunehmen (Erw. 3).

    2.  Betriebssicherheit und Mehrkosten bei vollständiger oder
teilweiser Verkabelung von 50 kV- und höher gespannten Leitungen. Bei
Landschaften mittlerer Schutzwürdigkeit überwiegen die mit der
Verkabelung verbundenen technischen und finanziellen Nachteile das
Interesse des Landschaftsschutzes. Eine Verkabelungspflicht kann sich
aus dem Bundesrecht - nach dem heutigen Stand der Technik - allenfalls
nur für Landschaften besonderer Schutzwürdigkeit ergeben (Erw. 4).

Sachverhalt

                      Aus dem Sachverhalt:

    A.- Die beschwerdebeklagte NOK hatte zusammen mit dem Elektrizitätswerk
des Kantons Zürich auf der Höhe Langholz am Pfannenstiel im Gebiete der
Gemeinde Stäfa ein Unterwerk errichtet. Das Unterwerk wird gespeist durch
eine 50 kV-Leitung, die in Mittlisberg von der 50 kV-Betonmastenleitung
Aathal-Herrliberg abzweigt. Die NOK will die westliche Teilstrecke
von 3,2 km zwischen Mittlisberg und Beichlen, die im wesentliehen
Waldrändern entlang führt, als Freileitung mit 21 Betonmasten von 17
m Höhe bauen. Hinsichtlich des östlichen, unmittelbar an das Unterwerk
anschliessenden Teils von 1,l km hat sich die NOK gegenüber der Gemeinde
Stäfa zur Verkabelung verpflichtet. Nach Ansicht der NOK rechtfertigt
sich die Verkabelung in diesem Teilstück, weil es in nächster Nähe der
Langholzhöhe durchgeführt werden muss und weil eine Freileitung dort
stärker in Erscheinung träte als auf der übrigen Strecke.

    Die NOK konnte von 23 Grundeigentümern die benötigten
Durchleitungsrechte freihändig erwerben, 12 Grundeigentümer, die heutigen
Beschwerdeführer, widersetzten sich der Abtretung. Die beschwerdebeklagte
NOK leitete daraufhin das Enteignungsverfahren ein. Die 12 Grundeigentümer
erhoben Einsprache und verlangten die Verkabelung der gesamten neuen
Leitung, eventuell die Verschiebung der Freileitung um ungefähr 400 m in
nordöstlicher Richtung.

    B.- Das EVED wies mit Entscheid vom 22. Juni 1973 die Einsprachen
ab und erteilte der Beschwerdegegnerin ein auf 50 Jahre befristetes
Durchleitungsrecht für den Bau einer Freileitung von Mittlisberg bis
Beichlen und für eine Kabelleitung von Beichlen bis zum Unterwerk Stäfa.

    Das EVED ging davon aus, dass im vorliegenden Fall die legitimen
Interessen der Energieversorgung einerseits und des Landschaftsschutzes
anderseits gegeneinander abzuwägen seien. Die Notwendigkeit der
geplanten Leitung sei unbestritten. Das Pfannenstielgebiet und das
Zürcher Oberland seien schöne Landschaften. Das gleiche gelte aber für
die meisten Landschaften in der Schweiz. Durch eme Freileitung werde das
Landschaftsbild zwar beeinträchtigt, aber nicht zerstört. Die projektierte
Leitungsführung trage den Geboten des Landschaftsschutzes soweit als
möglich Rechnung. Eine Verkabelung der ganzen Strecke sei technisch
zwar durchführbar, doch ergäben sich Schwierigkeiten und Unsicherheiten
im Betrieb und Unterhalt. Sodann betrügen die Erstellungskosten der
Kabelleitung ein Mehrfaches der Kosten einer Freileitung gleicher
Übertragungsfähigkeit. Zu beachten sei auch die präjudizielle Wirkung bei
Annahme einer Verkabelungspflicht im konkreten Fall. Von Bundesrechts
wegen (Art. 3 Abs. 3 NHG) könne vorliegend weder eine Verkabelung noch
eine andere Leitungsführung verlangt werden.>

    Die approximativen Kosten der Erstellung der Leitung betragen nach
dem Projekt der NOK:

    für den Freileitungsabschnitt (3,2 km): Fr.  630000.--

    für den Kabelleitungsabschnitt (1,1 km): Fr. 1100000.--

    Fr. 1730000.--

    Müsste die gesamte Leitung verkabelt werden, so ergäben sich Kosten
von 5 Mio Franken, davon 3,9 Mio Franken für die als Freileitung geplante
Leitungsstrecke. Die Verkabelung der geplanten Freileitungsstrecke erhöht
also die Kosten auf das Sechsfache.

    C.- Die Enteigneten erheben gegen den Einspracheentscheid des EVED
rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie machen zunächst geltend,
das Departement habe den Sachverhalt ungenügend abgeklärt, indem es weder
einen Augenschein noch eine Expertise durchgeführt habe. Sie berufen sich
sodann u.a. auf Art. 4 des Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen
auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972; danach sei in den
provisorischen Schutzgebieten die Erstellung elektrischer Freileitungen
unzulässig. Die vom EVED vorgenommene Interessenabwägung verletze aber
noch weitere Bestimmungen des Bundesrechtes, so namentlich Art. 3 NHG
sowie Art. 9 EntG und Art. 50 ElG.

    D.- Das EVED und die NOK beantragen Abweisung der Beschwerde. Die
NOK weist darauf hin, dass die geplante Leitung so angelegt werde,
dass später ohne grosse technische Änderungen der Übergang von einer
50 kV-Leitung auf eine 110 kV-Leitung möglich sei. Der Übergang zur 110
kV-Leitung lasse sich bei Freileitungen mit Kosten von Fr. 15 000.-- je
km durchführen; bei einer Verkabelung betrage der Aufwand Fr. 115 000.--
je km (Preisstand Herbst 1973). Die Verkabelung der Freileitung würde
auch eine Verlängerung der Leitungsstrecke um 400 m nötig machen.

    E.- Das Bundesgericht liess sich durch dipl. Ing. ETH R.  Amstein,
Zürich, ein Gutachten erstatten und führte einen Augenschein durch.
Es stellte dabei fest, dass durch das überspannte Gebiet mehrere
Spazierwege gegen den Pfannenstiel hinaufführen und dass sich von dort
bei schönen Wetter eine schöne Aussicht auf das Zürcher Oberland und die
Voralpen der Ostschweiz darbietet. Im Anschluss an den Augenschein wurde
der Gutachtenentwurf mit den Beteiligten besprochen. Gestützt auf die
Besprechung ergänzte der Experte sein Gutachten gemäss den ihm gestellten
Ergänzungsfragen.

    Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Inbetriebnahme des Unterwerkes
hat die NOK die Leitung bereits erstellt. Dies wurde ihr gestattet gegen
die Zusicherung, im Falle der Gutheissung der Beschwerde die Freileitung
durch eine Kabelleitung zu ersetzen. Das Bundesgericht konnte sich
somit ein genaues Bild über die Auswirkungen der Freileitung auf das
Landschaftsbild machen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführer sollen als Grundeigentümer verpflichtet
werden, ein Durchleitungsrecht der Beschwerdegegnerin für eine 50
kV-Freileitung zu dulden. Sie sind durch die angefochtenen Massnahmen
berührt und insofern zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert.

    Die Frage, ob eine Freileitung oder eine Kabelleitung gebaut werden
soll, berührt jedoch die privaten Interessen der Grundeigentümer nur
in sehr bescheidenem Masse. Ihre Grundstücke liegen ausserhalb jeder
Bauzone, und die Bewirtschaftung wird durch die Betonmasten nicht
wesentlich erschwert. Die Beschwerdeführer treten vor allem als Hüter
öffentlicher Interessen auf und machen geltend, die Freileitung verletze
bundesrechtliche Vorschriften, die im allgemeinen Interesse aufgestellt
wurden. Das Bundesgericht gestattet jedoch in konstanter Rechtsprechung
den betroffenen Grundeigentümern, auch die öffentlichen Interessen
geltend zu machen, die gegen die Erteilung des Enteignungsrechtes für
eine Freileitung oder für eine Strasse ins Feld geführt werden können
(BGE 97 I 583 Erw. 4, 98 Ib 216, 99 Ib 79). Im Ergebnis steht dann jeweils
eine Abwägung entgegenstehender öffentlicher Interessen im Vordergrund,
und die Enteigneten dringen mit ihrer Beschwerde durch, wenn die von
ihnen verfochtenen öffentlichen Interessen gegebenenfalls zusammen mit
den von ihnen vertretenen privaten Interessen schwerer wiegen als die
vom Enteigner vertretenen öffentlichen Interessen. Auf die Beschwerde ist
daher einzutreten, und die von den Beschwerdeführern gerügten Verletzungen
von Bundesrecht sind vollumfänglich zu prüfen.

Erwägung 2

    2.- Die richtige Anwendung der in Betracht fallenden bundesrechtlichen
Vorschriften verlangt, wie erwähnt, vor allem eine Interessenabwägung
zwischen mehreren unter sich im Widerstreit liegenden schutzwürdigen
öffentlichen Interessen. Die Leitung tangiert zwar kein Schutzobjekt von
nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 6 NHG, führt aber durchaus durch
eine reizvolle Landschaft, die als Ausflugs- und Erholungsgebiet dient
und deshalb auf jeden Fall möglichste Schonung im Sinne von Art. 3 NHG
beanspruchen kann. Auch wenn die Kantonsregierung für das Gebiet keine
besondere Heimatschutzverordnung wie in den Fällen des Eigentals (BGE 94 I
52) und des Bachsertals (BGE 96 I 234) erlassen hat, handelt es sich doch
um ein "Gebiet mittlerer Schutzwürdigkeit", ähnlich wie dies in BGE 99 Ib
84 für das Reusstal-Heitersberggebiet (ausserhalb des KLN-Objektes 2.35)
und in BGE 97 I 648 für die Jurahöhen im Einzugsgebiet der Agglomeration
Basel angenommen wurde. Das Interesse am Schutz dieser Landschaft
steht dem Interesse an einer möglichst sicheren und preisgünstigen
Energieversorgung gegenüber. Die Abwägung dieser Interessen ist eine
Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüft. Bei der Würdigung der
technischen Aspekte gesteht es den Verwaltungsbehörden freilich einen
gewissen Spielraum zu; es greift nur ein, wenn der Sachverhalt durch
die Vorinstanz unvollständig oder unrichtig abgeklärt wurde oder wenn
Ermessensmissbrauch oder Ermessensüberschreitung vorliegt (BGE 98 Ib 216,
99 Ib 79). An die Tatbestandsabklärung sind freilich hohe Anforderungen zu
stellen; denn gerade dort, wo öffentliche Interessen aufeinanderstossen,
ist nur auf Grund einer möglichst umfassenden Abklärung der Auswirkungen
eines Entscheides - auch unter dem Gesichtspunkt des Präjudizes -
ein sorgfältiges Gewichten überhaupt möglich (vgl. dazu GEORG MÜLLER,
Interessenabwägung im Verwaltungsrecht, ZBl 73/1972, S. 337 ff.,
insbes. S. 338 Fussnote 3 und S. 351 f.).

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 1 ff. des Bundesbeschlusses vom 17. März 1972 über
dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung (BMR) hatten
die Kantone ohne Verzug "provisorische Schutzgebiete" zu bezeichnen,
deren Besiedlung und Überbauung aus Gründen des Landschaftsschutzes, zur
Erhaltung ausreichender Erholungsräume und zum Schutze vor Naturgewalten
vorläufig einzuschränken oder zu verhindern ist. Gemäss Art. 4 BMR dürfen
in den provisorischen Schutzgebieten weder Bauten noch Anlagen bewilligt
werden, die dem Planungszweck entgegenstehen. In den Gebieten, die aus
Gründen des Landschaftsschutzes oder für die Erhaltung von Erholungsraum
ausgeschieden werden, dürfen nur land- und fortstwirtschaftliche
sowie andere standortbedingte Bauten bewilligt werden. Diese dürfen das
Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Weitere Bauten können ausnahmsweise
unter Vorbehalt der Aufsichtsrechte des Bundes bewilligt werden, wenn
der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist und kein
öffentliches Interesse entgegensteht. Doch bleibt nach Art. 4 Abs. 4
BMR auf jeden Fall die Spezialgesetzgebung des Bundes vorbehalten. Der
Kanton Zürich hat durch Vollziehungsverordnung vom 29. November 1972
den grössten Teil des Kantonsgebietes, der nicht anders eingezont ist,
als provisorisches Schutzgebiet erklärt, darunter auch das Gebiet, durch
welches die strittige Freileitung führt.

    Die Beschwerdeführer glauben nun, die strittige Freileitung sei eine
standortbedingte Baute oder "eine weitere Baute" im Sinne von Art. 4
Abs. 3 BMR, die nicht bewilligt werden dürfe, weil sie das Landschaftsbild
beeinträchtige. Die von der Vorinstanz vorgenommene Interessenabwägung,
auf die auch in der vorangehenden Erw. 2 Bezug genommen wird, sei deshalb
gar nicht zulässig. Vielmehr müsse die Bewilligung stets verweigert werden,
wenn das Landschaftsbild beeinträchtigt werde; dies sei hier eindeutig
der Fall.

    Die Beschwerdeführer weisen freilich selber darauf hin, dass Art. 4
Abs. 4 BMR die Spezialgesetzgebung vorbehält. Sie sind jedoch der Ansicht,
dass dieser Vorbehalt im vorliegenden Falle nicht zur Anwendung kommt. Als
spezielle Bestimmungen für die Errichtung elektrischer Freileitungsmasten
fallen in Betracht

    - einerseits Art. 3 NHG: Darnach haben die Bundesbehörden bei der
Erteilung von Enteignungsrechten dafür zu sorgen, dass das heimatliche
Landschafts- und Ortsbild geschont und, wo das öffentliche Interesse
überwiegt, ungeschmälert erhalten bleibt;

    - anderseits Art. 9 EntG in Verbindung mit Art. 49/50 ElG: Darnach sind
Naturschönheiten, soweit möglich, zu erhalten und die Werke so auszuführen,
dass sie das Landschaftsbild möglichst wenig stören. Dieser Grundsatz wird
für Freileitungen in Art. 72 der Verordnung betreffend Starkstromanlagen
nochmals ausdrücklich wiederholt.

    Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist die Erstellung von
Freileitungen auch in Landschaften mit einer gewissen Schutzwürdigkeit
nicht ausgeschlossen. Die Beschwerdeführer glauben nun aber, dass das neue
Recht des BMR den Landschaftsschutz verstärkt und nun in allen Fällen,
wo Freileitungen das Landschaftsbild in provisorischen Schutzgebieten
beeinträchtigen, deren Erstellung ausgeschlossen habe. Diese Auffassung
ist jedoch nicht haltbar, und auch die diesbezüglichen Hinweise in der
Beschwerdeschrift auf die Gesetzesmaterialien gehen fehl. Über Sinn und
Tragweite von Art. 4 Abs. 4 BMR lässt sich den Beratungen der Eidg. Räte
nichts Zuverlässiges entnehmen; die Diskussion im Nationalrat bezog
sich im wesentlichen auf die Fassung von Art. 4 Abs. 3 BMR (im Entwurf
Abs. 2). Dabei erwähnte Nationalrat Binder beiläufig die Starkstromleitung
im Gebiete des Reusstals, an der ein öffentliches Interesse bestehe
(StenBull NR 1972, S. 242). Eine solche Äusserung eines Ratsmitgliedes
genügt jedoch keineswegs, um anzunehmen, dass die elektrischen Leitungen
unter Art. 4 Abs. 3 BMR und nicht unter die Spezialgesetzgebung fallen. Die
Botschaft zum BMR erwähnt als ein Beispiel von Bauten, die unter die
Spezialgesetzgebung fallen, "gewisse militärische Bauten", die von den
Einschränkungen des Art. 4 BMR ausgenommen sein müssten (BBl 1972 I
512). In der Tat wird man annehmen müssen, dass der Bund weiterhin ohne
kantonale Bewilligung militärische Bauten und Anlagen in provisorischen
Schutzgebieten errichten kann. Doch ist dies nur ein Beispiel für
eine unter Art. 4 Abs. 4 BMR fallende Ausnahme. Welche weitern Bauten
und Anlagen nach der Spezialgesetzgebung des Bundes keiner kantonalen
Bewilligung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BMR bedürfen und auch nicht unter
die Einschränkungen von Abs. 3 fallen, muss durch Auslegung bzw. nach
dem Sinn und Zweck des BMR bestimmt werden. Der BMR will auch Gegenden,
die nicht zu den Landschaften von ausgesprochener Naturschönheit zählen,
jedoch als Erholungsgebiet benötigt werden, vor einer unkontrollierten
Bautätigkeit schützen und diesbezüglich einen zusätzlichen Schutz über
das Gewässerschutzgesetz hinaus schaffen (Botschaft zum BMR, BBl 1972 I
503). Nichts deutet jedoch darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber mit
dem BMR auch eine Verkabelungspflicht der Elektrizitätswerke in den
provisorischen Schutzgebieten habe anordnen wollen. Ein dahingehender
Wille hätte im Gesetz und in den Materialien klar zum Ausdruck gebracht
werden müssen, was nicht der Fall ist.

    Die Frage, ob und wann eine Verkabelungspflicht für elektrische
Leitungen besteht, beurteilt sich also nach wie vor ausschliesslich nach
den einschlägigen Vorschriften des NHG, des EntG und des ElG. Es ist im
vorliegenden Falle somit grundsätzlich eine ähnliche Interessenabwägung
vorzunehmen wie in BGE 99 Ib 78 Erw. 3-7 betreffend die Überspannung
des Reusstals durch eine 220 kV-Leitung. Ein gewisser Unterschied
besteht insofern, als im vorliegenden Falle nur eine 50 kV-Leitung zu
beurteilen ist. Doch ist die Absicht der NOK mit in Betracht zu ziehen,
die Leitung später auf 110 kV umzubauen.

Erwägung 4

    4.- Da die Frage der Verkabelung von Hochspannungsleitungen die
Öffentlichkeit ständig beschäftigt, hielt es das Bundesgericht für
angezeigt, über die technischen und finanziellen Auswirkungen einer
Verkabelung der hier streitigen 50 kV-Leitung ein Gutachten einzuholen
und sowohl den Parteien als auch weiteren Interessierten, nämlich
der Eidg. Justizabteilung, der Abteilung Natur- und Heimatschutz des
Oberforstinspektorates, der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission
und der Baudirektion des Kantons Zürich Gelegenheit zu geben, sich am
Augenschein zu den strittigen Fragen zu äussern.

    a) Hinsichtlich der Betriebssicherheit führte der Experte aus,
dass zwar mit Bezug auf 50 kV-Leitungen mehr Erfahrungen bestünden
als mit Bezug auf 220 kV-Leitungen, aber auch bei 50 kV-Leitungen habe
die Fabrikation nach dem neuesten Stand der Technik bisher noch nicht
einen so hohen Grad an Sicherheit erreicht, dass diese Kabel bedenkenlos
eingesetzt werden könnten. Bei den neuerdings mehr und mehr verlegten
Polyäthylen-Kabeln bestehe zwar keine Gefahr mehr für Risse oder Löcher
im Bleimantel, doch könnten geringste Einschlüsse in der Kunststoffmasse
(Gasblasen und Unreinigkeiten) Durchschläge zur Folge haben. Bisher seien
diese Kunststoffkabel nur vereinzelt für Spannungen über 30 kV eingesetzt
worden. Auch würden immer wieder Kabel durch Bauarbeiten beschädigt. Sehr
häufig seien Endverschlüsse und Muffen Ursachen von Störungen. Da die Kabel
in Abschnitten von 500 bis höchstens 1000 m Länge verlegt werden müssten,
nehme die Störungsanfälligkeit solcher Kabel mit zunehmender Länge zu, und
die Verkabelung der gesamten Strecke, wie sie von den Beschwerdeführern
gefordert werde, führe deshalb notwendigerweise zu einer Verminderung
der Betriebssicherheit.

    Hinsichtlich der Schadenshäufigkeit ergebe sich aus deutschen
Statistiken, dass bei 60 kV-Leitungen 3,04 Schäden auf 100 km Kabelleitung
und 1,79 Schäden auf 100 km Freileitung festgestellt worden seien
(1970). Bei niedrigeren Spannungen lägen die Zahlen umgekehrt - höhere
Zahl der Schadensfälle bei Freileitungen.

    Wichtiger als die etwas grössere Schadenshäufigkeit bei Kabelleitungen
ist jedoch der Umstand, dass bei Kabelleitungen mit einer wesentlich
längeren Dauer des Stromausfalles und einer wesentlich längeren
Reparaturdauer gerechnet werden muss. Die Zuleitung zum Unterwerk Stäfa
ist zweisträngig. Bei zweisträngigen Leitungen kann, so führt der Experte
aus, oft durch blosse Umschaltung die Störung der Stromversorgung sofort
behoben werden, sofern nur ein Strang von der Störung betroffen ist. Bei
der Zuleitung zum Unterwerk Stäfa setzt dies aber voraus, dass auf dem
zweiten Strang vom Unterwerk Thalwil her eine genügende Leistung zur
Verfügung steht; andernfalls braucht es eine Intervention der Störequipe,
um die halbe Leistung von der andern Zuleitung her zu übertragen, und
dann ist mit einem Zeitaufwand von einer Stunde bis mehreren Stunden zu
rechnen, bis der Stromunterbruch behoben werden kann. Zudem ist in einem
solchen Fall die Leistung des einen Stranges um 50% seiner Normalleistung
reduziert.

    Kommt es zu einem Schaden in beiden Strängen - z.B. infolge von
Bauarbeiten oder bei einem massiven Kurzschluss in einem Muffenschacht
-, so deckt sich die Dauer des Stromausfalles mit der Dauer der
Reparaturarbeiten. Diese dauern nach den Ausführungen des Experten
bei Freileitungen nur kurze Zeit (1 bis maximal wenige Stunden). Bei
Kabeln betrage dagegen die Reparaturdauer in der Regel mehrere Tage, da
gegebenenfalls ein neues Kabel eingeschoben werden müsse. In Extremfällen
könne die Schadensbehebung mehrere Wochen beanspruchen. Dazu komme,
dass oft die Ermittlung des Schadensortes eine recht zeitraubende Arbeit
sei. Der Experte hat umfassende Erhebungen über die Ausfallzeiten und damit
indirekt auch über die Reparaturzeiten im 50 kV-Kabelnetz verschiedener
schweizerischer Kraftwerke durchgeführt. Selbst wenn ein Reservekabel
bereitliege und der Störungsdienst bestens organisiert sei, könne die
gesamte Reparaturzeit nicht unter zwei bis drei Tage herabgesetzt werden.

    Wenn man mit einem 50 kV-Kabelnetz eine ähnlich hohe
Versorgungssicherheit erreichen wolle wie mit einem 50 kV-Freileitungsnetz,
müsste das Netz "vermascht" werden, d.h. die Unterstation müsste mindestens
von zwei verschiedenen Seiten her eingespeist werden. So werde auch bei
städtischen Netzen, wo die Verkabelung unvermeidlich sei, vorgegangen. In
städtischen Verhältnissen lasse sich dies angesichts der "Energiedichte"
auch finanziell verantworten, zumal die Distanzen mindestens relativ kurz
seien. Bei Überlandnetzen wären jedoch die Kosten mit Rücksicht auf die
grösseren Distanzen sehr viel erheblicher.

    Die Betriebssicherheit eines Kabels Mittlisberg-Unterwerk Stäfa könnte
freilich erhöht werden, wenn die beiden Kabel auf der ganzen Strecke in
zwei getrennten Trasses geführt würden. Dies bringe jedoch eine Verteuerung
von 30-40% mit sich.

    Aus diesen Ausführungen des Experten, denen sich das Bundesgericht
anschliesst, folgt also, dass eine betriebssichere Einspeisung des
Unterwerks Stäfa durch 50 kV-Kabel möglich wäre, doch würde sich aus
der Notwendigkeit der Verlegung der zwei Kabelstränge in zwei getrennten
Gräben eine Kostenerhöhung ergeben, die noch über die Annahme des EVED
hinausginge.

    b) Müsste die NOK die strittige Strecke lediglich im Sinne eines
absoluten Ausnahmefalles verkabeln, so wären die auf die Stromkonsumenten
zu überwälzenden Mehrkosten durchaus tragbar. Die NOK hat jedoch mit Recht
eingewendet, dass die präjudizielle Wirkung einer solchen Entscheidung
nicht übersehen werden dürfe. Wenn sich im vorliegenden Falle aus
einer richtigen Anwendung des Bundesrechts eine Verkabelungspflicht
ergäbe, müsste auch in zahlreichen andern Fällen verkabelt werden,
und dadurch entstände eine Mehrbelastung der Elektrizitätswerke,
die den Energieverbrauchern nicht zugemutet werden könne. Das
Bundesgericht hat deshalb dem Experten die Frage gestellt, wie sich eine
Verkabelungspflicht in allen Fällen, die ähnlich dem vorliegenden liegen,
auf die Verbraucherpreise für elektrische Energie auswirken würde. Mit
diesen finanziellen Auswirkungen einer Verkabelungspflicht hat sich
das Bundesgericht bereits in BGE 99 Ib 81 Erw. 4 befasst, doch wurde die
Frage nun noch wesentlich gründlicher untersucht.

    Der Experte führt aus, dass im Sommer 1974 für eine zweisträngige
Freileitung auf Betonmasten mit einer Übertragungsleistung von 130-140
MVA mit Kosten von ca. Fr. 220 000.-- je km gerechnet werden müsse. Eine
Kabelleitung von gleicher Länge (ebenfalls mit zwei Strängen) komme
auf Fr. 1 200 000.-- zu stehen, also ca. 1 Mio Franken teurer pro km
Doppelstrang. Die Mehrkosten betragen somit - vereinfacht - rund Fr. 500
000.-- pro Strang und pro km.

    Der Experte hält dafür, dass für die Umrechnung auf die Jahreskosten
9% der investierten Mittel für Zins und Amortisation und 2% für Betriebs-
und Unterhaltskosten einzusetzen seien. Insgesamt sind also 11% von Fr. 500
000.-- als zusätzliche Jahreskosten pro km Einstrangleitung zu rechnen.

    Der Experte ist dann weiter so vorgegangen, dass er durch eine
Umfrage bei einer Mehrzahl von Elektrizitätswerken abzuklären versuchte,
in welchem Umfange die befragten Werke in den kommenden zehn Jahren neue
50 kV-Leitungen zu bauen beabsichtigen und mit welcher Energieabgabe
zu rechnen sei, wenn der Verbrauch jährlich um 6% zunimmt. Der Experte
hat so einen Faktor Q ermittelt, bei dem er die gesamte im neu zu
erstellenden Netz zu übertragende Energie in Bezug zur neuen Leitungslänge
(Stranglänge) setzte. Es ergab sich für die befragten Elektrizitätswerke
ein mittlerer Q-Wert von 5,66 x 106 kWh/km. Der Experte fand dann die
mutmassliche Energiepreiserhöhung, indem er die Jahreskosten je km
(11% von Fr. 500 000.--) durch diesen Faktor Q teilte. Dies ergab eine
Energiepreiserhöhung von 0,97 Rp./k Wh. Da der Durchschnittspreis der
elektrischen Energie für den Endverbraucher mit 9,1 Rp./kWh anzunehmen ist
(Ansatz 1971/72 gemäss Bericht des Eidg. Amtes für Energiewirtschaft),
bedeutet ein Aufschlag um 0,97 Rp. eine prozentuale Erhöhung des
Energiepreises beim Verbraucher um 10,66%, wenn in Zukunft das gesamte
50 kV-Netz verkabelt werden müsste.

    Der Experte hat dann weiter berücksichtigt, dass das Gebiet am
Pfannenstiel, durch welches die Leitung führt, nach den Beobachtungen des
Bundesgerichtes am Augenschein zu den Gebieten mittlerer Schutzwürdigkeit
zu rechnen ist. Eine Verkabelungspflicht der Beschwerdegegnerin für
die Freileitung am Pfannenstiel und in ähnlichen Fällen würde in
Zukunft zwar keine vollumfängliche, aber doch eine sehr weitgehende
Verkabelungspflicht der Elektrizitätswerke nach sich ziehen. Da ein
häufiger Wechsel zwischen Kabelleitung und Freileitung aus technischen
Gründen möglichst zu vermeiden ist, hält der Experte dafür, dass im Falle
einer Gutheissung der vorliegenden Beschwerde in Zukunft ca. 70-80 % aller
neu zu erstellenden 50 kV-Leitungen verkabelt werden müssten. Dies würde
beim Verbraucher zu einer Erhöhung des Strompreises von 7,5-8.5 % führen.

    Der Experte macht aber darauf aufmerksam, dass eine weitgehende
Verkabelungspflicht noch zu wesentlich höheren Kosten Anlass gäbe,
die mit einer Erhöhung des Strompreises um 7,5-8,5% noch nicht
abgedeckt wären. Zu berücksichtigen sei, dass zahlreiche bestehende 50
kV-Leitungen in den nächsten Jahren auf 110 bzw. 132 kV umgebaut werden
sollen. Sodann könnte selbstverständlich in Zukunft auch eine Verkabelung
der 16 kV-Leitungen in den Erholungsgebieten gefordert werden. Ferner
entständen Mehrkosten infolge von Trasseverlängerungen (möglichst ebene
Verlegung der Kabel) und anderer zusätzlicher Massnahmen. Schliesslich
würde die oben erwähnte technisch gebotene "Vermaschung" beträchtliche
zusätzliche Kabelleitungen nötig machen. Der Experte hält dafür, dass
diese zusätzlichen Kosten möglicherweise noch stärker ins Gewicht fallen
als die zunächst betrachteten reinen Verkabelungsmehrkosten. Für einen
Verkabelungsgrad von 70-80% schätzt deshalb der Experte die Mehrkosten
insgesamt auf 20-30% des Strompreises. Bei einer Verkabelung aller 50
kV-Leitungen würden die Mehrkosten auf 29-37% steigen, und bei einer
Beschränkung der Verkabelung auf 20-30% des Leitungsnetzes würden sie
sich in der Grössenordnung von 6-11% des Strompreises halten. Eine
allgemeine Verkabelung der neuen Leitungen in der Schweiz würde nach
Auffassung des Experten in den nächsten zehn Jahren Mehrinvestitionen
in der Grössenordnung von 2,5-3,5 Md. Franken erfordern, einen Betrag,
der ganz auf den Strompreis umgelegt werden müsste.

    Es ist klar, dass insbesondere die Zahlen des Experten über die
"zusätzlichen Kosten" nur grobe Schätzungen sein können. Doch genügen
solche grobe Schätzungen durchaus, um die finanzielle Tragweite einer
weitgehenden Verkabelungspflicht für die schweizerische Energiewirtschaft
zu erkennen. Diese finanziellen Auswirkungen dürfen und müssen bei
einer bundesrechtskonformen Abwägung zwischen den beiden öffentlichen
Interessen des Landschaftsschutzes einerseits, einer möglichst sicheren und
preisgünstigen Energieversorgung anderseits in die Waagschale geworfen
werden. Das Ergebnis der Expertise zeigt eindeutig, dass mindestens
beim heutigen Stande der Technik und unter Berücksichtigung der für
die nächsten Jahre zu erwartenden technischen Weiterentwicklung in
einem hochindustrialisierten Staatswesen gewisse Beeinträchtigungen des
Landschaftsbildes auch durch neue Freileitungen in Kauf genommen werden
müssen. Derartige Freileitungen verstossen deshalb nicht gegen das Natur-
und Heimatschutzgesetz und gegen das Enteignungsgesetz.

    Das EVED erfüllt somit durchaus die ihm durch das EntG und das NHG
überbundene Pflicht, für eine Schonung des Landschaftsbildes zu sorgen,
wenn es sorgfältig überprüft, ob die von den Elektrizitätswerken geplanten
Freileitungen sich bestmöglich in das Landschaftsbild einpassen. Im hier
zu beurteilenden Falle hat der Augenschein gezeigt, dass die Ingenieure der
Beschwerdegegnerin bestrebt waren, diesem Postulat tunlichst nachzukommen.
Die Beschwerdeführer haben denn auch im Verfahren vor Bundesgericht nicht
mehr geltend gemacht, dass eine bessere Linienführung möglich sei.

    Es muss somit mindestens für 50 kV-Leitungen und noch höher gespannte
Leitungen bei der Rechtsprechung von BGE 99 Ib 70 bleiben, wonach sich aus
dem NHG nur bei besonders schützenswerten Objekten aus dem Bundesrecht
eine Verkabelungspflicht ergeben kann, und auch dann sind alle Umstände
des Einzelfalles mit in Betracht zu ziehen (BGE 99 Ib 85 Erw. 7).

Erwägung 5

    5.- Das Bundesgericht hat nicht Stellung zu nehmen zur Frage,
ob die Beschwerdegegnerin von Bundesrechts wegen hätte verpflichtet
werden können, das östliche Teilstück zu verkabeln, wie sie dies getan
hat. Zwar haben es einige der Beschwerdeführer offenbar als rechtsungleiche
Behandlung empfunden, dass die Beschwerdegegnerin nicht die ganze Strecke
einheitlich - sei es als Kabelleitung, sei es als Freileitung - gebaut
hat. Die Beschwerdegegnerin hat die Verkabelung des östlichen Teils
damit begründet, dass eine Freileitung auf der Langholzhöhe stärker in
Erscheinung träte als im westlichen Teil entlang den Waldrändern. Wie
es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls können die
Beschwerdeführer nicht mehr fordern, als dass das Enteignungsverfahren,
soweit es ihr Grundeigentum betrifft, bundesrechtskonform durchgeführt
wird. Wenn die Beschwerdegegnerin in einem Nachbarabschnitt ein Mehreres
im Interesse des Landschaftsschutzes getan hat, war dies ihre Sache.

Erwägung 6

    6.- Im Enteignungsverfahren trägt im allgemeinen der Enteigner die
Gerichtskosten, einschliesslich der Parteientschädigung an die Enteigneten.
Auch wenn die Enteigneten im vorliegenden Falle unterliegen, besteht kein
Anlass, von dieser Grundregel des Art. 116 EntG abzuweichen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.