Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 358



100 Ib 358

64. Auszug aus dem Urteil vom 20. Dezember 1974 i.S. Eidg. Justizabteilung
gegen X. AG und Regierungsrat des Kantons Zug. Regeste

    Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. BB vom 23. März
1961/21. März 1973 (Bewilligungsbeschluss, BewB), Verordnung des
Bundesrates vom 21. Dezember 1973 (BewV).

    Untersuchungspflicht der Bewilligungsbehörde (Art. 23 BewV). Fall einer
Aktiengesellschaft, deren Verwaltungsratspräsident erklärt, es bestehe
keine ausländische Beteiligung. Rückweisung zur Abklärung des Sachverhalts.

Sachverhalt

    Die X. AG in Zürich, deren Verwaltung aus drei in der Schweiz
wohnenden Mitgliedern besteht, kaufte am 8. März 1974 ein Stück Wiesland im
Kanton Zug. Das Grundbuchamt Zug, bei dem der Kaufvertrag zur Eintragung
angemeldet wurde, hielt dafür, das Geschäft könnte unter die Bestimmungen
des BewB fallen, und verwies die Anmeldenden an die erstinstanzliche
Bewilligungsbehörde, die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug. N.,
Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates der X. AG, schrieb
darauf dieser Behörde: "Wir bestätigen, dass das Aktienkapital unseres
Unternehmens Fr. 1 Mio beträgt, das im Besitze des Unterzeichneten ist
und somit vollumfänglich im schweizerischen Besitz. Es bestehen keine
irgendwelche ausländischen Beteiligungen an unserer Firma."

    Die Volkswirtschaftsdirektion stellte auf die Bestätigung ab und
erkannte, der Kauf sei nicht bewilligungspflichtig. Der Regierungsrat
des Kantons Zug wies eine Beschwerde der Eidg. Justizabteilung gegen
diesen Entscheid ab. Er führte aus, die Volkswirtschaftsdirektion
habe keinen Anlass gehabt, an der Richtigkeit der Erklärungen des
Verwaltungsratspräsidenten N. zu zweifeln, der ein "in Zug aufgewachsener,
bestbekannter und bestbeleumdeter erfolgreicher Kaufmann" sei.

    Die Eidg. Justizabteilung erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und die
Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die kantonale
Volkswirtschaftsdirektion zurückzuweisen. Sie macht geltend, die
kantonalen Behörden hätten es unterlassen, den für die Bewilligungspflicht
massgebenden Sachverhalt abzuklären. Die von N. abgegebene allgemeine
Erklärung erbringe keinen Beweis. Aktiengesellschaften hätten in der
Regel mindestens folgende Unterlagen beizubringen:

    a.  Gründungsurkunde/Errichtungsakt und Statuten;

    b.  Handelsregisterauszug (neuester Stand);

    c.  Verzeichnis der Aktionäre;

    d.  Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei
Geschäftsjahre mit Bericht und Antrag der Revisoren;

    e.  die zwei letzten Steuertaxationen und die zwei letzten
Steuererklärungen, beglaubigt durch die statutarisch bestellten Revisoren;

    f.  Nachweis über die Finanzierung des Grundstückerwerbs durch Ausweis
der eigenen Mittel und/oder der gewährten Darlehen;

    g.  Verzeichnis der Darlehensgläubiger, sofern die der Gesellschaft
gewährten Darlehen mehr als 1/3 der Höhe des Eigenkapitals betragen.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der BewB enthält keine nähern Vorschriften über das Verfahren, in
dem untersucht werden soll, ob eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz
durch Personen im Ausland beherrscht wird. Er setzt aber voraus, dass die
Bewilligungsbehörde diese Frage abzuklären und dafür alles Zweckdienliche
vorzukehren hat, auch wenn die Erhebungen oft mühsam sind und nicht immer
zu einem völlig gesicherten Ergebnis führen werden (vgl. BGE 99 Ib 401 ff.,
440 ff.).

    Art. 23 BewV bestimmt, dass die Behörden den Sachverhalt von Amtes
wegen feststellen (Abs. 1). Sie dürfen nur auf Vorbringen abstellen,
die sie geprüft und über die sie nötigenfalls Beweis erhoben haben
(Abs. 2). Damit wird der Verwaltung eine eigentliche Untersuchungspflicht
auferlegt (dazu GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren
im Bund, 2. Aufl., S. 61). Diese Pflicht ist verletzt, wenn die Behörde
es an wirklichen und ordnungsgemässen Beweiserhebungen fehlen lässt. Die
Verletzung rechtfertigt die Aufhebung des Entscheides (BGE 99 Ib 109 E. 4).

    Damit ist freilich noch nicht gesagt, wie weit die Beweiserhebungen
geführt werden müssen und wann die Behörde sich mit einer einmal
erreichten Sachverhaltsklärung zufrieden geben darf, insbesondere ob sie
auf Erklärungen der Beteiligten abstellen darf. Dem Regierungsrat ist
zuzugeben, dass die Beweiserhebungen nicht über das, was vernünftigerweise
als geboten zu betrachten ist, hinausgehen sollen. Die Verwaltung wird
sich einerseits vor Pedanterie, anderseits vor Oberflächlichkeit hüten
müssen. Insbesondere muss die untersuchende Behörde in einem bestimmten
Stadium auf Angaben der Beteiligten abstellen oder sie verwerfen können; in
letzterem Fall mag dann die Verwaltungsstreitigkeit durch die Anwendung
von Beweistlastregeln gelöst werden können (GYGI aaO). Eine solche
Regel enthält Art. 5 Abs. 2 lit. c BewV, wonach ausländische Beherrschung
anzunehmen ist, wenn Personen mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz, deren
unmittelbare oder mittelbare Finanzierung durch Ausländer sich nicht mit
Gewissheit ausschliessen lässt, sich zu mehr als einem Drittel am Kapital
beteiligen. Hier wird die Beweislast dafür, dass keine ausländische
Beteiligung vorliegt, den Privaten auferlegt. Es ist dem Regierungsrat
auch zuzugestehen, dass das Vertrauen auf Erklärungen der Beteiligten
oder die Verwerfung ihrer Aussagen gelegentlich auf mehr gefühlsmässiger
Grundlage beruht und rational nicht genau begründet werden kann. Die
Frage ist indessen, in welchem Stadium auf solche Erklärungen ohne
weitere Beweiserhebung, einzig gestützt auf den persönlichen Eindruck,
den der Erklärende macht, abgestellt werden darf. In dieser Hinsicht
dürfen die Anforderungen nicht leicht genommen werden. Die Verordnung
stellt bereits insofern eine Schranke auf, als sie in Art. 23 Abs. 5
ausdrücklich bestimmt, dass allgemeine Erklärungen, die sich darin
erschöpfen, Voraussetzungen der Bewilligungspflicht zu bestreiten oder
Voraussetzungen der Bewilligung zu behaupten, in keinem Fall Beweis
erbringen. Solche allgemeinen Erklärungen bestehen etwa darin, dass
behauptet wird, der Erwerb sei nicht bewilligungspflichtig, oder die
Untersuchung der Verhältnisse ergebe, dass die Voraussetzungen für die
Erteilung der Bewilligung erfüllt seien.

Erwägung 2

    2.- Hier hat Verwaltungsratspräsident N. keine derart allgemeine
Erklärung abgegeben, sondern behauptet, das gesamte Aktienkapital der X. AG
sei in seinem Besitz und es lägen keinerlei ausländische Beteiligungen
vor. Diese Erklärungen sind aber doch noch sehr allgemein. Sie sind
mit Vorsicht aufzunehmen, zumal die Voraussetzungen, unter denen eine
ausländische Beteiligung anzunehmen ist, komplex sind, so dass unter
Umständen der Erklärende in gutem Glauben eine Beteiligung nicht als
ausländische betrachtet, obwohl sie nach der massgebenden Ordnung als
solche zu qualifizieren ist. Die kantonalen Behörden hätten hier näher
zusehen sollen.

    Wie weit in solchen Fällen bei der Überprüfung und Beweiserhebung
zu gehen ist, kann nicht allgemein umschrieben werden. Ob es nötig ist,
die in der Beschwerde der Justizabteilung erwähnten Massnahmen in jedem
Einzelfall zu treffen, mag dahingestellt bleiben. Sie werden sich in der
Regel rechtfertigen (vgl. BGE 99 Ib 403, wo diese Massnahmen im Grundsatz
nicht beanstandet worden sind). Bei Erwerb durch eine im Handelsregister
eingetragene Gesellschaft ist es jedenfalls angezeigt, dass ein Auszug
aus diesem Register verlangt wird, damit die Bewilligungsbehörde sich
über Zweck und Struktur der Gesellschaft vergewissern kann. Hätte die
Volkswirtschaftsdirektion das im vorliegenden Fall getan, so hätte
sie schon die Erklärung des N., er besitze alle Aktien der X. AG, mit
Reserve aufnehmen müssen. Nach Art. 707 Abs. 1 OR müssen die Mitglieder
der Verwaltung Aktionäre sein. Da die Verwaltung der X. AG mehrere
Mitglieder zählt, kann jene Behauptung des Verwaltungsratspräsidenten
nicht ohne weiteres als zutreffend erachtet werden. Es mag sein, dass
die übrigen Verwaltungsräte ihre Aktien nur fiduziarisch besitzen,
während wirtschaftlich alle Aktien dem N. gehören; doch sind auch andere
Verhältnisse möglich. Die kantonalen Behörden hätten in dieser Hinsicht
Beweis erheben müssen; sie durften sich nicht mit unbestimmten Vermutungen
zufrieden geben.

    Ausserdem fehlen alle Informationen darüber, zu welchem Zwecke die
X. AG das recht grosse Grundstück im Kanton Zug erwerben will, obwohl
sie ihren Sitz in Zürich hat. Schon die Firmenbezeichnung lässt darauf
schliessen, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit in internationalem Rahmen
entfalten will und deshalb eine ausländische Beteiligung an ihr nicht
von vornherein undenkbar ist. Es besteht daher hinreichender Anlass,
die Beteiligungs- und Finanzierungsverhältnisse sorgfältig abzuklären,
ebenso den Zweck, der mit dem Grundstückkauf verfolgt wird. Würde es
sich etwa zeigen, dass auf dem Grundstück ein Fabrikationsbetrieb der
X. AG errichtet werden soll, so könnte nach Art. 6 Abs. 2 lit. b BewB
auch bei ausländischer Beteiligung eine Bewilligung erteilt werden. In
einem solchen Fall könnte man sich mit weniger weit gehenden Abklärungen
hinsichtlich der Bewilligungspflicht zufrieden geben.

    Die vorstehenden Erwägungen führen zum Schluss, dass die
Bewilligungsbehörde ihrer Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit
nicht hinreichend nachgekommen ist und dass sie daher Art. 23 Abs. 2 BewV
verletzt hat.