Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 328



100 Ib 328

57. Urteil vom 28. Oktober 1974 i.S. Hug gegen Schweizerischen Schulrat
Regeste

    Art. 99 lit. b OG.

    Begriff des Tarifes.

    Der Entscheid des Schweizerischen Schulrates über Beschwerden,
die sich unmittelbar gegen den vom Präsidenten der Eidg. Technischen
Hochschule Zürich aufgestellten Mensatarif richten, unterliegt der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht, so dass sie auch gegen eine vom
Schulrat vor dem Entscheid getroffene Zwischenverfügung nicht zulässig ist.

Sachverhalt

    Am 26. März 1974 hat der Präsident der Eidg. Technischen Hochschule
Zürich (ETHZ) die Konsumationspreise für die Verpflegungsbetriebe der
Schule neu festgesetzt; insbesondere hat er die Menüpreise erhöht und dabei
die bisherige Abstufung nach Benützerkategorien erweitert. Gegen seine
Anordnung haben Peter Nyffeler, technischer Mitarbeiter im Laboratorium für
Physikalische Chemie, die Vereinigung der Assistenten, wissenschaftlichen
Mitarbeiter und Doktoranden der ETHZ (AVETH) und der Schweiz. Verband des
Personals öffentlicher Dienste, Sektion Eidg. Personal Zürich, Beschwerden
beim Schweiz. Schulrat erhoben.

    Der Schulrat hat in seiner Sitzung vom 5. Juli 1974 beschlossen, dass
Clemens Hug, der die Assistenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter der
ETHZ in dieser Behörde mit beratender Stimme vertritt, bei der Behandlung
der genannten Beschwerden in Ausstand zu treten habe, weil er dem Vorstand
der beschwerdeführenden AVETH angehöre und daher als Parteivertreter
zu betrachten sei. In der gleichen Sitzung hat der Schulrat sodann die
Beschwerden abgewiesen.

    C. Hug hat gegen die Anordnung des Schulrates, dass er in Ausstand
zu treten habe, Beschwerde beim Bundesrat und beim Bundesgericht erhoben.

    Zwischen diesen beiden Behörden hat ein Meinungsaustausch über die
Kompetenzfrage stattgefunden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    Der Beschluss des Schulrates vom 5. Juli 1974, dass C. Hug in Ausstand
zu treten habe, ist eine Zwischenverfügung. Nach Art. 101 lit. a OG ist
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen unzulässig,
wenn ihr die Endverfügungen nicht unterliegen. Im vorliegenden Fall fragt
sich daher, ob gegen den Sachentscheid, den der Schulrat am 5. Juli 1974
getroffen hat, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben sei. Die Frage
ist zu verneinen, wenn dieser Entscheid zu den "Verfügungen über Tarife"
gehört, gegen die nach Art. 99 lit. b OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
- abgesehen von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen - nicht
zulässig ist.

    Nach der Auffassung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes sind
Tarife im Sinne dieser Bestimmung "generell-abstrakte Regelungen von
nach irgendwelchen Kriterien abgestuften Geldzahlungen, insbesondere von
Entgelten für Leistungen der Angehörigen bestimmter Berufe oder bestimmter
Dienstleistungsbetriebe". Diese Begriffsumschreibung erscheint als
zutreffend. Der Präsident der ETHZ hat mit dem am 26. März 1974 gefassten,
vom Schulrat am 5. Juli 1974 geschützten Beschluss, die Konsumationspreise
für die Verpflegungsbetriebe der Schule neu festzusetzen und z.T. in
bestimmter Weise nach Benützerkategorien abzustufen, einen Tarif im
erwähnten Sinne aufgestellt.

    Das Bundesgericht hat im (nicht publizierten) Urteil vom 22. Dezember
1972 i.S. Serapharm SA festgestellt, dass Art. 99 lit. b OG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen ausschliesst, die einen
Tarif als Ganzes zum Gegenstand haben, insbesondere gegen Verfügungen
über die Genehmigung von Tarifen, nicht aber gegen Verfügungen, die in
Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergehen. Im gleichen Sinne legt
das Eidg. Versicherungsgericht die entsprechende Bestimmung in Art. 129
Abs. 1 lit. b OG aus (BGE 100 V 3 f.). Diese Rechtsprechung ist so zu
verstehen, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in allen Fällen, in
denen ein Tarif unmittelbar angefochten wird, ausgeschlossen ist, auch
dann, wenn nur einzelne Bestimmungen des Tarifs Anfechtungsobjekt sind.

    Der Sachentscheid des Schulrates vom 5. Juli 1974 hat, gleich wie
die durch ihn geschützte Anordnung des Schulpräsidenten vom 26. März
1974, direkt den Mensatarif - als Ganzes - zum Gegenstand; die vom
Schulrat behandelten Beschwerden waren unmittelbar gegen den Tarif selber
gerichtet, nicht gegen dessen Anwendung in einem oder mehreren konkreten
Fällen. Wie im durchgeführten Meinungsaustausch festgestellt worden ist,
unterliegt deshalb der Sachentscheid nach Art. 99 lit. b OG nicht der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und ist diese folglich gemäss Art. 101 lit. a
OG auch gegen die Zwischenverfügung über die Ausstandsfrage nicht gegeben.

    Der Schulrat weist in der Begründung des Sachentscheids darauf
hin, dass der Mensatarif nicht durch ein staatliches Organ, d.h. durch
Einzelverfügungen, die der Beschwerde unterliegen würden, angewandt werde.
Das mag zutreffen, ist aber kein Grund, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen den Entscheid des Schulrates über Beschwerden, welche direkt gegen
den Tarif selber gerichtet waren, zulässig zu erklären. Denn in Art. 99
lit. b OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen "Verfügungen über
Tarife" nicht mit Rücksicht auf die zur Anwendung berufenen Organe
ausgeschlossen worden, sondern wegen der Natur der Materie, wie der
Randtitel zu Art. 99 ("Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nach dem Gegenstand der Verfügungen") zeigt.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.