Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 236



100 Ib 236

38. Urteil vom 31. Mai 1974 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen
Gemeinde Düdingen. Regeste

    Garantiegesetz

    1.  Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage (Erw. 1).

    2.  Die freiburgische Liegenschaftssteuer ist im Sinne von Art. 10
GarG eine direkte Steuer (Erw. 2a).

    3.  Auch eine vom Bund als Landreserve für einen Postneubau
erworbene Liegenschaft ist kraft Art. 10 GarG steuerfrei, es sei denn
die Liegenschaft werde nach ihrem Erwerb durch den Bund einem anderen
selbständigen Zwecke zugeführt (Erw. 2 b).

Sachverhalt

                          Sachverhalt:

    A.- Die PTT-Betriebe haben am 24. September 1969 auf Grund
eines Beschlusses ihrer Generaldirektion vom 7. Juli 1969 die
Einfamilienhausliegenschaft Nr. 785 in Düdingen erworben. Die Liegenschaft,
deren Kaufpreis sich auf Fr. 230 000.-- belief, sollte für einen Postneubau
Verwendung finden. In einem Zusatz zum Kaufvertrag räumte die Käuferschaft
dem Verkäufer das Recht ein, das Kaufsobjekt bis zum 31. März 1974
unentgeltlich und ab 1. April 1974 bis zum Abbruch der Gebäulichkeiten
gegen einen monatlichen Mietzins von Fr. 200.-- weiterzubenutzen.

    B.- Im Juni 1972 stellte die Gemeinde Düdingen den PTT-Betrieben
Rechnung für die Liegenschaftssteuer 1971. Gegen diese Rechnung wandten
sich die PTT-Betriebe erfolglos an die Gemeinde und die kantonale
Steuerrekurskommission. Am 25. Mai 1973 erhob die Eidgenossenschaft
deshalb verwaltungsrechtliche Klage beim Bundesgericht mit dem Begehren:
"Es sei festzustellen, dass die Klägerin von der Liegenschaftssteuer
für das Grundstück Nr. 785 in Düdingen befreit ist; - unter Kosten-
und Entschädigungsfolge-". Zur Begründung wird im wesentlichen geltend
gemacht, die freiburgische Liegenschaftssteuer sei eine direkte Steuer im
Sinne von Art. 10 GarG und die Liegenschaft in Düdingen sei un.mittelbar
für Bundeszwecke bestimmt, dürfe also nicht mit der Liegenschaftssteuer
belegt werden.

    C.- Die Gemeinde Düdingen beantragt in ihrer Klageantwort Abweisung
der Klage unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Klägerin.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Streitigkeiten aus dem Verwaltungsrecht des Bundes über
die Befreiung von kantonalen Abgaben sind nach Art. 116 lit. f
OG grundsätzlich im Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage vor
Bundesgericht auszutragen. Die freiburgische Liegenschaftssteuer ist eine
kantonale Abgabe im Sinne von Art. 116 lit. f OG (vgl. BGE 99 I/b 228
Erw. 1a). Keiner der Unzulässigkeitsgründe von Art. 117 OG trifft auf den
vorliegenden Fall zu. Auf die Klage der Eidgenossenschaft kann eingetreten
werden. Der Entscheid der kantonalen Rekurskommission hat hier lediglich
die Bedeutung einer Meinungsäusserung, soweit er zur Frage Stellung nimmt,
ob die Erhebung der Liegenschaftssteuer vor Art. 10 GarG standhalte.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 10 GarG dürfen die Bundeskasse und alle unter der
Verwaltung des Bundes stehenden Fonds sowie diejenigen Liegenschaften,
Anstalten und Materialien, die unmittelbar für Bundeszwecke bestimmt sind,
von den Kantonen nicht mit einer direkten Steuer belegt werden.

    a) Die Beklagte stellt in Frage, ob die freiburgische
Liegenschaftssteuer im Sinne von Art. 10 GarG eine direkte Steuer
ist. Das Bundesgericht hat den Begriff der direkten Steuer im Sinne
von Art. 10 GarG in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich
negativ, nämlich über den Begriff der indirekten Steuer, umschrieben
(BGE 99 I/b 231/232 mit Hinweisen). Es besteht kein Anlass, den
Begriff der direkten Steuer im vorliegenden Falle auf andere Weise
zu umschreiben. Für die indirekte Steuer im Sinne von Art. 10 GarG
ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Anknüpfung an einen
Verkehrsvorgang charakteristisch. Eine direkte Steuer im Sinne von Art. 10
GarG liegt somit in der Regel vor, wo nicht ein bestimmter Verkehrsvorgang
Grundlage der Besteuerung bildet, insbesondere, wenn die Steuer periodisch
erhoben wird (vgl. BGE 99 I/b 232).

    Gerade diese Merkmale weist aber die freiburgische
Liegenschaftssteuer auf. Die Klägerin und mit ihr offenbar auch die
kantonale Steuerrekurskommission betrachten sie deshalb zu Recht als
direkte Steuer im Sinne von Art. 10 GarG. Der Umstand, dass sie auf dem
Grundbesitz und nicht etwa auf dem Einkommen des Pflichtigen erhoben
wird, macht sie nicht zur indirekten Steuer. Für die Unterscheidung
von direkter und indirekter Steuer im Sinne von Art. 10 GarG ist auch
belanglos, welchen Zwecken das Gemeinwesen die Steuerbeträge zuführt
und aus welchen Überlegungen die Steuer seinerzeit eingeführt worden
ist. Dass die freiburgische Liegenschaftssteuer aber nicht als Steuer,
sondern als Kausalabgabe für besondere Vorteile des Grundeigentümers zu
betrachten sei, macht selbst die Beklagte nicht ausdrücklich geltend. Für
eine solche Annahme fehlt jeder Anhaltspunkt. Die einzelnen Grundstücke
gelangen in ganz unterschiedlichem Masse in den Genuss der Vorteile von
Gemeindewerken. Da die Liegenschaftssteuer hierauf keine Rücksicht nimmt,
kann sie insbesondere nicht als Vorzugslast oder Gebühr gelten.

    b) Die Klägerin macht geltend, das fragliche Grundstück sei unmittelbar
für einen Bundeszweck bestimmt. Dies wird von der Beklagten bestritten.

    Unbestritten ist, dass die Klägerin das Grundstück in der Absicht
erworben hat, darauf einen Postneubau zu errichten. Fest steht aber auch,
dass noch keine konkreten Pläne für den Postneubau vorliegen und die
Erstellung der Baute erst für 1977 vorgesehen ist. Die Klägerin bringt
allerdings vor, die allgemeine Bodenknappheit habe sie gezwungen, das
Land vorsorglich zu erwerben.

    Die Steuerbefreiung einer Liegenschaft des Bundes nach Art. 10
GarG setzt nicht voraus, dass die Liegenschaft tatsächlich unmittelbar
Bundeszwecken dient, sondern lediglich, dass sie unmittelbar für
Bundeszwecke bestimmt ist. Dies verkennt die Beklagte, wenn sie zur
Begründung ihres Antrages vorbringt, das Grundstück diene tatsächlich
keinem Bundeszweck. Es fragt sich aber, ob auch dann angenommen werden
kann, eine Liegenschaft sei im Sinne von Art. 10 GarG unmittalbar
für Bundeszwecke bestimmt, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, den
Bundeszwecken, für die sie erworben worden ist, erst nach längerer
Zeit wird zugeführt werden können, vorderhand also noch nicht zum
Verwaltungsvermögen des Bundes gehört. Entscheidend ist hier, was
mit der Liegenschaft in der Zwischenzeit geschieht (PAUL STADLIN,
Die Befreiung des Bundes von der kantonalen Steuerhoheit, Diss. Zürich
1943, S. 168 mit weiteren Hinweisen; vgl. auch BGE 96 I 468). Wird ihre
Nutzung, wie im vorliegenden Falle, unentgeltlich bzw. gegen ein fast
nur symbolisches Entgelt bis auf weiteres einem Dritten überlassen, so
bleibt die ursprüngliche Zweckbestimmung massgebend und die Besteuerung
somit ausgeschlossen. Es ist sinnvoll, dass die Klägerin ihre Liegenschaft
nicht einfach bis zur Errichtung des Postneubaus brachliegen lässt. Zum
Verlust der Steuerfreiheit könnte die Überlassung der Liegenschaft
an Dritte höchstens führen, wenn damit ein selbständiger Zweck,
insbesondere die Erzielung von Gewinn, verfolgt würde. Ohne einen
solchen selbständigen Zweck ist entscheidend, dass die Liegenschaft in
absehbarer Zeit unmittelbar einem Bundeszweck dienen soll. Die Klage
ist damit gutzuheissen.

Erwägung 3

    3.- Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beklagte
die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 OG). Im Verfahren
der verwaltungsrechtlichen Klage darf obsiegenden Behörden oder mit
öffentlichrechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen nach Art. 159
Abs. 2 OG in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen werden. Es
besteht kein Grund, im vorliegenden Falle von dieser Regel abzuweichen. Der
Klägerin wird deshalb keine Parteientschädigung zugesprochen.