Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 181



100 Ib 181

29. Urteil vom 3. April 1974 i.S. Kanton Zürich gegen Baugenossenschaft
Asig und Mitbeteiligte und Präsident der Eidgenössischen
Schätzungskommission Kreis 10 Regeste

    Enteignung für den Nationalstrassenbau. Sistierung des Verfahrens.

    Der Präsident der Eidg. Schätzungskommission ist nicht befugt, ein
eingeleitetes Enteignungsverfahren zu sistieren bis zum Entscheid darüber,
ob ein anderes als das genehmigte Ausführungsprojekt ausgeführt wird.

    -  Kompetenzen des Präsidenten im Rahmen seiner Prüfungsbefugnis
nach Art. 29 EntG (Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen solche Verfügungen, Erw. 1a) (Erw. 2).

    - Kompetenzen des Präsidenten bei nachträglichen Einsprachen
nach Art. 39 EntG sowie Art. 19, 20 VSchK (Zulässigkeit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen solche Verfügungen, Erw. 1b). Im
Enteignungsverfahren nach NSG sind nachträgliche Einsprachen gegen die
Enteignung direkt bei der Plangenehmigungsbehörde einzureichen. Der
Präsident entscheidet nicht, wie sonst nach Art. 19 VSchK, über ihre
Zulässigkeit.

Sachverhalt

    A.- Das Eidg. Departement des Innern genehmigte gestützt auf
Art. 28 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen vom 8. März 1960
(NSG) am 28. September 1972 das vom Regierungsrat des Kantons Zürich im
Einspracheverfahren bereinigte Ausführungsprojekt für die N 1/N 1.1.2,
Verkehrsdreieck Aubrugg, Abschnitt Stadt Zürich, am 29. November 1972
dasjenige für die N 1/SN 1.4.4, Milchbucktunnel Nord bis Verkehrsdreieck
Aubrugg, Abschnitt Schöneichstrasse bis Verkehrsdreieck Aubrugg. Am 15.
Dezember 1972 bzw. 20. Februar 1973 übermittelte die Baudirektion
des Kantons Zürich gemäss Art. 39 Abs. 2 NSG die Pläne dieser
Ausführungsprojekte samt Enteignungsplänen und Grunderwerbstabellen dem
Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission Kreis 10, damit dieser die
Unterlagen prüfe und das Planauflageverfahren veranlasse. In der Folge
stellte der Präsident die Pläne und Verzeichnisse dem Stadtrat Zürich
zur öffentlichen Auflage zu.

    Innert der 30tägigen Eingabefrist erhoben die Baugenossenschaft Asig
und die Bau- und Holzarbeiter-Genossenschaft, welche für die N 1/N 1.1.2
Land abzutreten haben, und die Baugenossenschaften Asig, Luegisland
und Glattal, welche für die N 1/SN 1.4.4 Land abzutreten haben,
beim Präsidenten der Schätzungskommission Kreis 10 Beschwerde. In
beiden Beschwerden wurden, sei es im Haupt- oder Nebenantrag,
die gleichen rechtlichen Begehren gestellt. Alle Enteigneten -
mit Ausnahme der Baugenossenschaft Glattal - verlangten, dass wegen
vorhandener bzw. bei erneuter Überprüfung sich allenfalls ergebender
Nichtübereinstimmung der Pläne mit dem genehmigten Ausführungsprojekt
die Planauflage zu wiederholen und ihnen zur Einreichung ihrer
Entschädigungsforderungen neu Frist anzusetzen sei. Sodann wurde beantragt,
das eingeleitete Schätzungsverfahren so lange zurückzustellen, bis
die im Gange befindliche Neuprojektierung der N 1.1.2 im Abschnitt des
Verkehrsdreieckes Wallisellen/Überlandstrasse bzw. der SN 1.4.4 Teilstück
Tulpenstrasse/Losgrenze stadtauswärts, durch welche die Autobahn von
bisher sechs auf vier Spuren reduziert werden solle, abgeschlossen sei
und ein rechtsgültiges neues Ausführungsprojekt vorliege.

    B.- Mit Verfügungen vom 27. September 1973 sistierte der Präsident
der Eidg. Schätzungskommission Kreis 10 die Enteignungsverfahren in
den die Enteigneten betreffenden, im emzelnen näher umschriebenen,
Nationalstrassenabschnitten, "bis darüber entschieden ist, ob das in
Auftrag gegebene neue Projekt, durch welches die Nationalstrasse von
bisher 6 auf 4 Spuren herabgesetzt werden soll, zur Ausführung kommt".

    Wie der Begründung der beiden Entscheide im wesentlichen zu entnehmen
ist, stützt sich der Präsident der Schätzungskommission (im folgenden auch
kurz SchK) auf die ihm nach Art. 29 EntG zustehende Prüfungspflicht. Nach
seiner Ansicht ist davon auszugehen, dass es sich bei den seinerzeit
eingereichten und bereits aufgelegten Plänen zufolge veränderter
Verhältnisse aller Voraussicht nach gar nicht um das tatsächlich zur
Ausführung bestimmte Projekt handle. Wie unbestritten sei, plane nämlich
der Enteigner nicht mehr, das den eingereichten Plänen entsprechende
Projekt auszuführen, sondern vorläufig lediglich eine von 6 auf 4 Spuren
verkleinerte Nationalstrasse; er habe bereits den Auftrag erteilt, andere
Pläne zu erstellen und das Eidg. Departement des Innern um Genehmigung
einer entsprechenden Änderung des Projektes ersucht. Bei dieser Sachlage
sei dem Begehren der Enteigneten, das Schätzungsverfahren so lange nicht
an die Hand zu nehmen, bis die im Gange befindliche Neuprojektierung
abgeschlossen und über eine neues Ausführungsprojekt entschieden sei,
zu entsprechen. Da sich ein reduziertes Ausführungsprojekt anders auf
die Enteigneten auswirken werde als das am 23. Februar 1973 bzw. 30.
März 1973 aufgelegte Projekt und für das neue Projekt eine neue Planauflage
zu erfolgen habe, werde das weitere Begehren, die Planauflage für das
gegenwärtige Projekt zu wiederholen, gegenstandslos.

    C.- Der Kanton Zürich, vertreten durch die Direktion der öffentlichen
Bauten, Tiefbauamt, hat gegen diese beiden Entscheide des Präsidenten
der Eidg. Schätzungskommission Kreis 10 vom 27. September 1973
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Im Hauptantrag wird verlangt, die
angefochtenen Verfügungen aufzuheben und die Eidg. Schätzungskommission
anzuweisen, das Schätzungsverfahren umgehend an die Hand zu nehmen.

    D.- Die Enteigneten haben sich mit dem Antrag auf Abweisung vernehmen
lassen. Der Präsident der Eidg. Schätzungskommission Kreis 10 beantragt,
die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 98 lit. f OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen Verfügungen eidgenössischer Kommissionen grundsätzlich
zulässig, soweit das.Bundesrecht unmittelbar gegen ihre Verfügungen die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorsieht. Zwischenverfügungen, wie sie hier
in Frage stehen, sind mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur anfechtbar,
wenn der instanzabschliessende Hauptentscheid es ist (Art. 101 lit. a
OG, Art. 45 Abs. 2 lit. c VwG; BGE 99 I b 415/6 mit Verweisungen). Ob
gegen die angefochtenen Sistierungsverfügungen des Präsidenten der Eidg.
Schätzungskommission die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben ist,
hängt somit davon ab, ob das Enteignungsgesetz dieses Rechtsmittel gegen
den Entscheid des Präsidenten über Einwände gegen die aufgelegten Pläne,
wie sie von den Enteigneten erhoben wurden, zulässt.

    a) Nach der Begründung der angefochtenen Verfügungen hat der
Präsident der SchK das Enteignungsverfahren anlässlich der ihm nach Art.
29 EntG obliegenden Prüfung der Pläne und Verzeichnisse sistiert. Gegen
Verfügungen, die der Präsident der SchK gestützt auf Art. 29 EntG trifft,
ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, auf welche das Gesetz im Falle ihrer
Zulässigkeit jeweils ausdrücklich hinweist, nicht gegeben (vgl. Art. 76
und 77 EntG, Art. 19 der Verordnung für die eidg. Schätzungskommissionen
vom 24. April 1972 [VSchK]; HESS, Kommentar zum Enteigungsgesetz, Bern
1935, zu Art. 29 N 8). Demnach kann auch die Sistierungsverfügung nicht
mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.

    b) Der Sache nach hat der Präsident der SchK das Enteignungsverfahren
jedoch sistiert bis zum Entscheid über eine Frage, die gar nicht
Gegenstand seiner Prüfungsbefugnis im Rahmen von Art. 29 EntG sein
kann. Die Enteigneten verlangten in ihren Beschwerden die Sistierung
des Enteignungsverfahrens, weil voraussichtlich ein anderes, kleineres
als das genehmigte Ausführungsprojekt verwirklicht werde und mithin
die Enteignung in einem weiteren als dem tatsächlich nötigen Umfang
durchgeführt würde, und dem Begehren wurde auch aus diesem Grunde
stattgegeben. Die Behauptung, das Werk, das erstellt werde, entspreche
nicht dem der Enteignung zugrundeliegenden genehmigten Ausführungsprojekt,
ist aber ein Einwand gegen die Enteignung (Art. 30 lit. a und b EntG;
HESS, Kommentar zu Art. 30 EntG N 9); sie könnte, da nach Art. 39
Abs. 2 NSG solche Einsprachen gegen die Enteignung ausgeschlossen
sind, höchstens mit einer nachträglichen Einsprache gemäss Art. 39
EntG erhoben werden (dazu Erw. 3). Da der Entscheid des Präsidenten der
Schätzungskommission über die Zulässigkeit einer nachträglichen Einsprache
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegt (Art. 19
Abs. 2 VSchK), so ist diese auch gegeben gegen die vom Präsidenten aus
Anlass eines nachträglichen Einsprachebegehrens verfügte Sistierung des
Enteigungsverfahrens. Massgebend ist dabei die Beschwerdefrist von 10 Tagen
(Art. 115, 106 Abs. 1 OG), die vorliegend auch eingehalten worden ist.

    c) Wird in rein formaler Betrachtungsweise einzig darauf abgestellt,
dass der Präsident der SchK die streitigen Verfügungen im Rahmen seiner
Tätigkeit gemäss Art. 29 EntG erlassen hat, so kann nach dem Gesagten auf
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Unzulässigkeit nicht eingetreten
werden. Wird dagegen das Gewicht darauf gelegt, dass der Präsident der
Sache nach das Enteignungsverfahren auf ein Vorbringen der Enteigneten
hin sistiert hat, das nur Gegenstand einer nachträglichen Einsprache sein
kann, so ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten. Welchem
Standpunkt der Vorzug zu geben ist, braucht indessen nicht entschieden
zu werden. Denn die Eingabe des Enteigners kann, wenn nicht als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so jedenfalls als Aufsichtsbeschwerde
gestützt auf Art. 63 EntG entgegengenommen werden, und das Bundesgericht
kann die beanstandeten Sistierungsverfügungen als Aufsichtsbehörde über
die Eidg. Schätzungskommissionen und ihrer Präsidenten überprüfen (BGE 96 I
295 Erw. 2, 96 I 93, 67 I 176 Erw. 4; HESS, Kommentar zu Art. 29 EntG N 8).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 29 EntG in Verbindung mit Art. 39 NSG übermittelt die
zuständige kantonale Behörde dem Präsidenten der Schätzungskommission die
Pläne des nach Behandlung der Einsprachen genehmigten Ausführungsprojektes,
unter Beifügung des Enteignungsplanes und der Grunderwerbstabelle. Der
Präsident prüft, ob Pläne und Verzeichnisse den Vorschriften des Art. 27
EntG entsprechen, verfügt allfällige Ergänzungen und stellt sie sodann
den einzelnen Gemeinderäten zur Auflage zu. Findet ein von der Enteignung
Betroffener, dass die Pläne trotz der vom Präsidenten nach Art. 29 EntG
von Amtes wegen vorgenommenen Prüfung unvollständig sind, so kann er innert
der mit der Planauflage angesetzten Eingabefrist deren Ergänzung verlangen
(Art. 30 Abs. 1 und 4 EntG, für das abgekürzte Verfahren Art. 17 Abs. 2
VSchK). Diese Vorprüfung durch den Präsidenten ist eine rein formale. Sie
bezieht sich einzig darauf, ob der Werkplan, welcher nach Art. 39 Abs. 2
NSG und Art. 24 VVNSG mit dem nach Behandlung der Einsprachen genehmigten
Ausführungsprojekt identisch ist, den Anforderungen des Art. 27 EntG
entspricht und ferner, ob der Enteignungsplan und die Grunderwerbstabelle
mit dem Werkplan sowie mit dem Grundbuch oder sonstigen öffentlichen
Büchern übereinstimmen (vgl. HESS, Kommentar zu Art. 29 EntG N 3).

    In den vorliegenden Fällen hat der Präsident der SchK Kreis 10 bei
der Prüfung der ihm von der kantonalen Baudirektion eingereichten Pläne
und Verzeichnisse offenbar keine Unstimmigkeiten gefunden, denn er hat
sie ohne Änderungen dem Stadtrat Zürich zur Auflage übermittelt. Die
Enteigneten machten mit ihrer Beschwerde jedoch geltend, dass die
veröffentlichten Pläne in verschiedener Hinsicht nicht dem genehmigten
Ausführungsprojekt entsprächen. Diese Vorbringen, die mit dem Antrag auf
nochmalige Überprüfung und Berichtigung der Pläne und alsdann Wiederholung
der Planauflage verbunden waren, hätte der Präsident nach Art. 30 Abs. 4
EntG bzw. Art. 17 Abs. 2 VSchK materiell behandeln sollen. Er tat dies
nicht, weil er, dem weiteren Begehren der Enteigneten folgend, mit
Rücksicht auf eine möglicherweise erfolgende Änderung des genehmigten
Ausführungsprojekts das Enteignungsverfahren glaubte aussetzen zu
müssen. Mit dieser Sistierung hat er aber eine Verfügung getroffen, die
nicht mehr im Zusammenhang mit den nach Art. 29 bzw. 30 Abs. 4 EntG zu
beurteilenden Fragen und daher ausserhalb der ihm nach diesen Vorschriften
zukommenden Befugnisse steht. Er hat nur zu überprüfen, ob die Pläne
und Verzeichnisse dem genehmigten Ausführungsprojekt entsprechen. Mit
dem Ausführungsprojekt selbst und der Rechtmässigkeit der Enteignung hat
er sich nicht zu befassen. Gerade dagegen richtet sich aber der Einwand
der Enteigneten, das eingeleitete Enteignungsverfahren beruhe auf einem
genehmigten Ausführungsprojekt für ein grösseres als das voraussichtlich
tatsächlich zu erstellende Werk, so dass mehr Land als wirklich benötigt
enteignet würde. Das ist eine Einsprache gegen die Enteignung im Sinne
von Art. 30 lit. a und b EntG (vgl. HESS, Kommentar zu Art. 30 EntG
N 9). Einsprachen gegen die Enteignung (lit. a) sowie Begehren, die
eine Planänderung bezwecken (lit. b), sind nach Art. 39 Abs. 2 NSG im
Enteignungsverfahren für den Nationalstrassenbau überhaupt ausgeschlossen.
Die Frage, ob der Präsident der SchK das Enteignungsverfahren allenfalls
mit Rücksicht auf die eingegangene Einsprache gegen die Enteigung hätte
sistieren dürfen, stellt sich daher nicht.

Erwägung 3

    3.- In dem Einwand der Enteigneten, man führe das Enteignungsverfahren
aufgrund eines Ausführungsprojektes durch, das wahrscheinlich dem
tatsächlich vorgesehenen Werk nicht mehr entsprechen und daher durch ein
neues zu ersetzen sein werde, kann somit nur eine nachträgliche Einsprache
im Sinne von Art. 39 EntG gesehen werden, und es ist zu prüfen, ob die
angefochtenen Sistierungsverfügungen im Rahmen der dem Präsidenten der
SchK in diesem Zusammenhang zukommenden Kompetenzen liegen.

    Nach Art. 39 EntG kann die nachträgliche Einsprache beim Präsidenten
der SchK angebracht werden, der über ihre Zulässigkeit entscheidet und sie
sodann dem zuständigen Departement zur materiellen Behandlung übermittelt
(Art. 19, 20 VSchK). Diese Regelung entspricht der im EntG getroffenen
Ordnung für die Behandlung der Einsprachen gegen die Enteignung, wonach
diese zuerst vom Präsidenten der SchK zu behandeln sind. Die Einsprachen
gegen die Enteignung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a und b EntG werden
nach der Einleitung des Enteignungsverfahrens erhoben und sind, neben den
Begehren nach Art. 7-10 EntG und den Entschädigungsforderungen, Gegenstand
der Einigungsverhandlung. Der Präsident soll versuchen, eine Verständigung
herbeizuführen. Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, übermittelt
er die Einsprache dem zuständigen Departement zur Entscheidung (Art. 45,
48, 50 EntG). Wenn der Präsident der SchK die nachträglichen Einsprachen
nur auf ihre Zulässigkeit hin überprüft und im übrigen von Anfang an dem
zuständigen Departement zur materiellen Behandlung übergibt, so deshalb,
weil in der Regel die Einigungsverhandlung und damit die Möglichkeit
einer gütlichen Erledigung bereits vorbei ist.

    Beim Landerwerb für den Nationalstrassenbau dagegen erfolgen
die Behandlung der Einsprachen und die Enteignung in zwei sowohl
nach Zuständigkeit als auch in zeitlicher Hinsicht getrennten
Verfahrensabschnitten. Die Einsprachen werden vor der Einleitung des
Enteignungsverfahrens im Plangenehmigungsverfahren behandelt. Sie sind
beim Kanton zu erheben und werden von der zuständigen kantonalen Behörde,
welche Plangenehmigungsbehörde ist, entschieden (Art. 27 NSG). Erst wenn
die Einsprachen erledigt und die Pläne, sofern notwendig, bereinigt
und hierauf vom Departement des Innern genehmigt sind (Art. 28 NSG),
wird das Enteignungsverfahren eingeleitet und beginnt die Tätigkeit des
Präsidenten der Schätzungskommission. Das Enteignungsverfahren beschränkt
sich auf die Behandlung der angemeldeten Entschädigungsforderungen, und
mit Einsprachen gegen die Enteignung gemäss Art. 30 lit. a und b EntG hat
sich der Präsident der SchK überhaupt nicht zu befassen (Art. 39 Abs. 2
NSG). Es wäre deshalb sachwidrig, wenn der Präsident der SchK nachträgliche
Einsprachen entgegenzunehmen hätte, wie Art. 10 VSchK es vorsieht. Nach
dem Sinn der im NSG besonders ausgestalteten Verfahrensordnung sind sie
direkt bei der Plangenehmigungsbehörde einzureichen, und der Präsident der
SchK hat auch über ihre Zulässigkeit nicht zu entscheiden. Erweist sich
eine dem Präsidenten eingereichte Eingabe als nachträgliche Einsprache,
so hat er sie der zuständigen kantonalen Behörde zu übermitteln, ohne
darüber irgend etwas zu befinden.

    Indem der Präsident der SchK Kreis 10 das Enteignungsverfahren
sistierte bis zum Entscheid darüber, ob das genehmigte Ausführungsprojekt
der Nationalstrasse mit 6 Spuren oder ein auf 4 Spuren reduziertes Projekt
ausgeführt werde, hat er sich jedoch über die mit dem Einsprachebegehren
aufgeworfene materielle Frage ausgesprochen. Er hat damit nämlich bereits
entschieden, dass im Falle des Baus einer auf 4 Spuren reduzierten
Nationalstrasse das Ausführungsprojekt bzw. der Werkplan entsprechend
abzuändern und die Enteignung aufgrund eines neuen Projektes durchzuführen
sei. Darüber hat aber gerade die Plangenehmigungsbehörde, der Zürcher
Regierungsrat, zu befinden. Der Präsident der SchK hat somit seine
Befugnisse überschritten.

    Eine andere Frage ist, ob der Präsident allenfalls befugt
wäre, das Enteignungsverfahren zu sistieren, bis die von ihm an
die Plangenehmigungsbehörde weitergeleitete nachträgliche Einsprache
erledigt ist. Das Gesetz scheint jedoch eher dagegen zu sprechen. Denn
nach Art. 52 EntG in seiner Fassung von 1971 ist trotz Hängigkeit einer
Einsprache gegen die Enteignung das Schätzungsverfahren über davon
abhängige Entschädigungsansprüche nach Möglichkeit fortzusetzen, was
im Falle einer nachträglichen Einsprache kaum weniger gelten kann und
insbesondere im Verfahren nach dem NSG, das die Einsprachen gegen die
Enteignung vom Enteignungsverfahren völlig lostrennt, zu beachten wäre.

    4.. - Da der Präsident der SchK Kreis 10 weder im Rahmen seiner
Überprüfung der Pläne und Verzeichnisse nach Art. 29 EntG noch im
Zusammenhang mit dem nachträglichen Einsprachebegehren befugt war, das
Enteignungsverfahren bis zum Entscheid darüber, ob ein neues Projekt für
eine 4- statt 6-spurige Nationalstrasse ausgeführt wird, zu sistieren,
sind die angefochtenen Verfügungen aufzuheben. Der Präsident wird nunmehr
darüber zu befinden haben, ob die von den Enteigneten in ihrer Beschwerde
vorgebrachten Einwände, die Enteignungspläne stimmten mit dem genehmigten
Ausführungsprojekt nicht überein, Anlass zu einer Ergänzung der Pläne
im Sinne von Art. 30 Abs. 4 EntG bzw. Art. 17 Abs. 2 VSchK geben;
dem Antrag des Enteigners, den Präsidenten der SchK anzuweisen, das
Schätzungsverfahren umgehend an die Hand zu nehmen, kann deshalb nicht
entsprochen werden. Im übrigen hat er die Eingaben dem Regierungsrat
des Kantons Zürich zu übermitteln, damit dieser prüfe, ob die darin
erhobenen Einwendungen gegen das Ausführungsprojekt bzw. die Enteignung
als nachträgliche Einsprache entgegengenommen werden können.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Verfügungen des Präsidenten
der Eidg. Schätzungskommission Kreis 10 vom 27. September 1973 werden
aufgehoben.