Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IA 180



100 Ia 180

26. Urteil vom 13. Februar 1974 i.S. X. gegen Appellationsgericht
(Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt. Regeste

    Art. 4 BV und persönliche Freiheit. Gesuch um Ernennung eines
Offizialverteidigers.

    Aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung nach der Hauptverhandlung
(Erw. 1).

    Neben dem auf Art. 4 BV abgestützten Verteidigungsanspruch
gi bt es keinen direkt aus der persönlichen Freiheit ableitbaren
verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beigabe eines Offizialverteidigers
(Erw. 4 a).

    Die Untersuchungshaft an sich vermag kein gemäss Art. 4 BV zu
schützendes Bedürfnis nach Beigabe eines Offizialverteidigers zu
verschaffen. § 10 Abs. 3 lit. c der Basler StPO, welcher auch beilänger
dauernder Haft die Beigabe vom konkreten Schutzbedürfnis abhängig macht,
verstösst nicht gegen das von der Verfassung geforderte Mindestmass an
Rechtsschutz (Erw. 4 b).

Sachverhalt

    A.- a) Gegen X. wurde im Kanton Basel-Stadt ein Strafverfahren
durchgeführt. Im Laufe dieses Verfahrens befand sich X. vom 3. August 1973
bis zur Verhandlung vor Strafgericht am 15. Oktober 1973 wegen Flucht-
und Kollusionsgefahr in Haft.

    b) Am 27. August 1973 stellte Anwalt S. das Gesuch, es sei
X. die Offizialverteidigung zu bewilligen und er - S. - sei zum
Offizialverteidiger zu bestellen. Diese Eingabe blieb zunächst
unbeantwortet. Am 3. Oktober 1973 erneuerte S. sein Begehren um Ernennung
zum Offizialverteidiger. Durch Verfügung vom 4. Oktober 1973 wies der
zuständige Strafgerichtspräsident das Gesuch ab.

    c) Am 15. Oktober 1973 nahm S. als Verteidiger an der
Gerichtsverhandlung teil. X. wurde zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt
(unter Anrechnung der Haft). Staatsanwalt und Verurteilter verzichteten
un mittelbar nach der Eröffnung des Urteils auf die Appellation.

    Vor Strafgericht erneuerte S. das Begehren um Ernennung zum
Offizialverteidiger nicht. Am gleichen Tag reichte er jedoch gegen die das
Gesuch abweisende Verfügung des Strafgerichtspräsidenten vom 4. Oktober
1973 beim Appellationsgericht Beschwerde ein.

    d) Der Ausschuss des Appellationsgerichts hat die Beschwerde am
19. November 1973 abgewiesen. Er begründet seinen Entscheid damit, im
konkreten, verhältnismässig einfachen Fall habe der Strafgerichtspräsident
unter Berücksichtigung der gesamten Umstände annehmen dürfen, es liege
kein besonderer Grund im Sinne von § 10 Abs. 3 StPO vor, die angefochtene
Ablehnung des Gesuchs um Ernennung zum Offizialverteidiger sei daher nicht
zu beanstanden. Auch aus der Bundesverfassung ergebe sich kein über die
Basler Strafprozessordnung hinausgehender Anspruch auf Bestellung eines
Offizialverteidigers wegen der Untersuchungshaft des Angeschuldigten.

    B.- Gegen den Entscheid des Appellationsgerichts reichte
X. staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Antrag, S. sei unter
Aufhebung des angefochtenen Urteils zum Offizialverteidiger zu ernennen,
eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. In
der Beschwerdeschrift wird geltend gemacht, der angefochtene Entscheid
enthalte in tatsächlicher Hinsicht Feststellungen und in rechtlicher
Hinsicht Schlussfolgerungen, welche willkürlich seien. Überdies bedeute
die Verweigerung der Offizialverteidigung im vorliegenden Fall eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie der Grundsätze,
die eine Beschränkung der persönlichen Freiheit gestatten.

    C.- Das Appellationsgericht hat unter Hinweis auf die Motive des
angefochtenen Entscheides Abweisung der Beschwerde beantragt und auf
Gegenbemerkungen verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Im angefochtenen Entscheid werden zwei Erwägungen gemacht, die
jede für sich zu einem Nichteintretensentscheid hätten führen müssen, wenn
das Appellationsgericht sie für schlüssig erachtet hätte: Die erste dieser
Erwägungen bezieht sich darauf, dass die Untersuchungshaft als möglicher
Grund einer Offizialverteidigung entfalle, da ja die Untersuchungshaft
jetzt nicht mehr bestehe. Die zweite Erwägung lässt sich dahin
zusammenfassen, dass das Gesuch um Ernennung zum Offizialverteidiger auch
deswegen gegenstandslos geworden sei, weil Rechtsanwalt S. ohne Vorbehalt
und ohne vor Gericht das Begehren um Ernennung zum Offizialverteidiger
zu erneuern, in dem nun abgeschlossenen Verfahren als Privatverteidiger
mitgewirkt habe.

    Da das Appellationsgericht - trotz diesen auf ein Nichteintreten
hinweisenden Erwägungen - die materielle Frage beurteilte und die
angefochtene Verfügung des Strafgerichtspräsidenten als gesetzes- und
verfassungskonform schützte, brauchen die beiläufigen Erwägungen über
die möglicherweise inzwischen eingetretene Gegenstandslosigkeit des
Begehrens weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht überprüft
zu werden. Es erübrigt sich somit, hier auf jene Rügen einzutreten,
mit denen der Beschwerdeführer geltend macht, das Appellationsgericht
habe das Verhalten im Strafverfahren (Eingaben vom 27. August 1973 und
3. Oktober 1973, kein neues Begehren um Ernennung zum Offizialverteidiger
in der Hauptverhandlung, Annahme des Strafurteils) willkürlich gewürdigt.

    Das Bundesgericht prüft die Frage der Legitimation des
Beschwerdeführers insbesondere der Aktualität seines Interesses
von Amtes wegen. Im vorliegenden Fall hat die Hauptverhandlung schon
stattgefunden. An ihr wirkte S. als Privatverteidiger des Beschwerdeführers
mit. Es geht im vorliegenden Verfahren also nicht mehr um die Bestellung
eines Offizialverteidigers im Hinblick auf ein zu fällendes Urteil,
sondern um die mit ihr verbundenen finanziellen Folgen; insoweit besteht
nach wie vor ein aktuelles Interesse.

Erwägung 2

    2.- Zu prüfen bleibt, ob die vom Appellationsgericht geschützte
Verweigerung der Offizialverteidigung eine Verfassungsnorm verletzt.

    Der Beschwerdeführer begründet die Verfassungswidrigkeit in zweifacher
Hinsicht:

    a) Es sei willkürlich anzunehmen, § 10 Abs. 3 lit. c der Basler StPO
(kurz BSStPO) gebe auch bei länger dauernder Untersuchungshaft keinen
Anspruch auf Bestellung eines Offizialverteidigers (unten Erw. 3).

    b) Überdies lasse sich bei der Untersuchungshaft von mehr als 30 Tagen
aus Art. 4 BV und aus dem Grundrecht der persönlichen Freiheit ein - vom
§ 10 StPO unabhängiger - verfassungsrechtlicher Anspruch auf Zuteilung
eines Offizialverteidigers ableiten (unten Erw. 4).

Erwägung 3

    3.- Die hier allein in Betracht fallende Vorschrift der kantonalen
Strafprozessordnung über die Beigabe eines Offizialverteidigers hat
folgenden Wortlaut (§ 10 Abs. 3 lit. c BSStPO):

    "Ist ein Angeschuldigter unvermögend, so wird ihm auf sein Begehren
von Amtes wegen ein Advokat als Verteidiger beigegeben, a) ...

    b) ...

    c) sofern es aus besonderen Gründen, insbesondere wegen verwickelter
Sach- oder Rechtslage, wegen grosser Tragweite einer Verurteilung oder
wegen des geistigen oder körperlichen Zustandes des Angeschuldigten als
angemessen erscheint."

    Das Vorliegen einer der in lit. c beispielsweise angeführten
besonderen Voraussetzungen konnte vom Appellationsgericht ohne Willkür
verneint werden: Der Angeschuldigte war geständig und die Rechtslage
nicht kompliziert. Auch wenn jeder auf einem Strafurteil beruhende
Freiheitsentzug für den Verurteilten relativ schwer wiegt, so vermag dies
allein nach der zitierten Gesetzesbestimmung noch keinen Anspruch auf
Offizialverteidigung zu begründen. Die gegenteilige Ansicht, wonach bei
drohenden Freiheitsstrafen regelmässig ein Recht auf Offizialverteidigung
bestünde, würde sich nicht mit dem Wortlaut und dem Sinn von § 10 Abs. 3
lit. c BSStPO vertragen; sie würde insbesondere alle darin aufgezählten
Voraussetzungen eines solchen Anspruchs weitgehend bedeutungslos machen. Im
Verhältnis zu anderen (Zuchthaus) und längeren Freiheitsstrafen war
die dem Angeschuldigten drohende Freiheitsstrafe jedoch nicht schwer:
insofern war sie nicht "von grosser Tragweite".

    Dass der körperliche oder geistige Zustand des Angeschuldigten die
Offizialverteidigung erfordere, wurde nie geltend gemacht.

    Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Auffassung, die Generalklausel
der "besonderen Gründe" in lit. c sei dahin zu interpretieren, dass
bei einer länger dauernden Untersuchungshaft, zumindest nach 30 Tagen,
stets ein Offizialverteidiger zu ernennen sei. Im Gegensatz zur Regelung
in einzelnen kantonalen Prozessordnungen und in Art. 36 BStP bildet
gemäss § 10 BSStPO die Untersuchungshaft an sich - auch bei längerer
Dauer - keinen zwingenden gesetzlichen Grund für die Beigabe eines
Offizialverteidigers. Dass die Tatsache der Haft bei der Anwendung von §
10 BSStPO zu berücksichtigen ist und im Rahmen der gesamten Umstände zur
Beigabe eines Offizialverteidigers "aus besonderem Grund" führen kann, wird
im angefochtenen Entscheid ausdrücklich anerkannt. Das Appellationsgericht
ist jedoch der Auffassung, im vorliegenden Fall treffe dies gerade nicht
zu; trotz der Haft habe nach der gesamten Sach- und Rechtslage das Gesuch
um Beigabe eines Oflizialverteidigers abgelehnt werden dürfen.

    Diese Interpretation von § 10 Abs. 3 lit. c BSStPO ist zumindest
nicht willkürlich. Wollte der Gesetzgeber bei einer bestimmten Dauer
der Untersuchungshaft dem unvermögenden Angeschuldigten einen an
keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Anspruch auf Beigabe eines
amtlichen Verteidigers gewähren, so müsste dieser häufige Fall in der recht
ausführlichen Regelung des § 10 ausdrücklich normiert sein. Nach der ganzen
Struktur der Ordnung der amtlichen Verteidigung in § 10 Abs. 3 erscheint es
überzeugend, dass die Basler StPO die Tatsache der Haft an sich nicht als
zwingenden Grund für die Beigabe eines Offizialverteidigers wertet. Wenn
der zuständige Strafgerichtspräsident und das Appellationsgericht
es ablehnten, die Generalklausel der "besonderen Gründe" im Sinne der
Argumentation des Beschwerdeführers zu interpretieren, so ist dies sachlich
vertretbar und keineswegs willkürlich.

    Fehlt eine gesetzliche oder aus dem Gesetz abzuleitende allgemeine
Regel, wonach im Falle länger dauernder Untersuchungshaft ein
Offizialverteidiger zu ernennen sei, so bleibt zu prüfen, ob sich im
konkreten Strafverfahren aus der Gesamtsituation unter Berücksichtigung
der Haft doch ein Anspruch auf Offizialverteidigung gemäss lit. c von §
10 Abs. 3 BSStPO ergab.

    Den Akten ist zu entnehmen, dass weder in tatsächlicher noch in
rechtlicher Hinsicht Streitpunkte bestanden. Vor der Hauptverhandlung war
lediglich die Bemessung der zu erwartenden mehrmonatigen Freiheitsstrafe
und die Erledigung der geltend gemachten Schadenersatzansprüche
offen. Selbst unter Berücksichtigung der Haft erscheint es als durchaus
vertretbar, das Vorliegen eines besondern Bedürfnisses nach rechtlichem
Beistand zu verneinen. Die Rüge der willkürlichen Anwendung von § 10 StPO
ist somit unbegründet.

Erwägung 4

    4.- Nach konstanter Praxis gewährleistet Art. 4 BV dem Bürger
ein bestimmtes Mindestmass an Rechtsschutz. In der Beschwerdeschrift
wird unter Bezugnahme auf die Abhandlung von SCHUBARTH über "Die
Rechte des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren, insbesondere bei
Untersuchungshaft" (Bern 1973, S. 224 ff.) die Auffassung vertreten,
zu diesem verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutz gehöre
auch der Anspruch auf Bestellung eines Offizialverteidigers bei länger
dauernder Haft. In der zitierten Publikation wird ausgeführt, die
Untersuchungshaft wirke sich wesentlich auf die Verteidigungsmöglichkeiten
und die psychische Situation des Beschuldigten aus, ohne dass diese
Auswirkungen von einem der Haftzwecke her gerechtfertigt wären; diese
unerwünschten Nebenwirkungen der Haft könnten und sollten durch den
Beizug eines Verteidigers wenigstens teilweise gemildert werden. Dort,
wo das kantonale Strafprozessrecht dem Inhaftierten den Anspruch auf
Offizialverteidigung nicht gebe, sollte jedenfalls "bei einer gewissen
Dauer der Untersuchungshaft der Schwellenwert erreicht sein, wo die
Nichtgewährung eines Offizialverteidigers das Grundrecht der persönlichen
Freiheit, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und den Anspruch auf
rechtliches Gehör verletze".

    a) Die Frage des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzes
ist ausschliesslich im Lichte der aus Art. 4 BV abzuleitenden Prinzipien
zu prüfen. Wird einem Verhafteten kein Offizialverteidiger bestellt, so
beschränkt dies nicht seine persönliche Freiheit. sondern beeinträchtigt
höchstens die faktischen Verteidigungsmöglichkeiten. Auch der bestehende
prozessuale Freiheitsentzug und die zu erwartende Freiheitsstrafe machen
die Frage der Offizialverteidigung im konkreten Fall nicht zu einer Frage
der persönlichen Freiheit. Art und Bedeutung des allenfalls auf dem Spiele
stehenden Grundrechts beeinflussen zwar das nach Art. 4 BV gewährleistete
Mindestmass an Rechtsschutz, doch kann jenes durch die Verweigerung
einer bestimmten formellen Verteidigungsmöglichkeit nicht verletzt
sein. Unter welchen Voraussetzungen ein verfassungsrechtlicher Anspruch
auf Offizialverteidigung besteht, ist gesamthaft im Rahmen von Art.
4 BV zu bestimmen. Es gibt nicht neben der Möglichkeit eines auf diesen
Verfassungsartikel. abgestützten Verteidigungsanspruchs allenfalls noch
einen direkt aus dem Grundrecht der persönlichen Freiheit abzuleitenden
verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beigabe eines Offizialverteidigers.

    Der Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist weder in der
zitierten Publikation noch in der Beschwerdeschrift näher begründet. Es
ist davon auszugehen, dass auch mit diesem Hinweis keine speziellen
Argumente geltend gemacht werden, die nicht ohnehin bei der Bestimmung
des verfassungsrechtlich garantierten Mindestmasses an Rechtsschutz im
Sinne von Art. 4 BV zu beachten wären.

    b) In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts wurde noch nie
der Schluss gezogen, die Tatsache der länger dauernden Untersuchungshaft
sei an sich - unabhängig von der übrigen Sach- und Rechtslage - von
Verfassungs wegen bereits ein zwingender Grund, dem finanziell nicht
leistungsfähigen, bedürftigen Angeschuldigten den Anspruch auf Beigabe
eines Offizialverteidigers zu gewähren. Unmittelbar aus Art. 4 BV fliesst
- nach der bisherigen Praxis - ein Anspruch auf amtliche Verteidigung
nur, wenn kein blosser Bagatellfall vorliegt, und der Anklagesachverhalt
in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten
bietet, denen der Angeschuldigte und allenfalls sein gesetzlicher Vertreter
nicht gewachsen sind (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil vom 29. April
1959 i.S. Habegger c. Obergericht Bern). Die Frage, ob die früher (BGE 63
I 209) als zulässig bezeichnete, mit der das Strafverfahren beherrschenden
Offizialmaxime begründete Einschränkung der amtlichen Verteidigung auf
schwere Verbrechen, die eine längere Freiheitsstrafe erwarten lassen,
heute in dieser allgemeinen Form noch verfassungsrechtlich haltbar wäre,
kann offen bleiben. Es ist hier nicht über die Verfassungsmässigkeit
der Einschränkung des Anspruchs auf amtliche Verteidigung nach der
Schwere der Delikte zu entscheiden, sondern lediglich darüber, ob und
inwiefern allenfalls die Tatsache der Untersuchungshaft - sei es nach einer
prinzipiellen schematischen Regel oder im Einzelfall - ein gemäss Art. 4 BV
zu schützendes Bedürfnis nach Beizug eines Verteidigers zu schaffen vermag.

    Auch wenn die Haft je nach den Umständen dem Inhaftierten die
Verteidigung erschweren und den Beizug eines Anwaltes erfordern kann, und
dementsprechend einzelne neuere Strafprozessordnungen diesem Bedürfnis
durch Einräumung eines allgemeinen Anspruchs auf Offizialverteidigung
bei Untersuchungshaft von einer gewissen Dauer Rechnung tragen, so
besteht kein Grund, eine gesetzliche Regelung, welche auch bei länger
dauernder Haft die Beigabe eines Offizialverteidigers vom konkreten
Schutzbedürfnis abhängig macht, für verfassungswidrig zu erklären. Das
von der Verfassung geforderte Mindestmass an Rechtsschutz lässt sich ohne
schematisches Obligatorium bei pflichtgemässer Prüfung des Einzelfalles
erreichen. Mit der Verweigerung der Offizialverteidigung wird dieses
Mindestmass nicht zwangsläufig unterschritten; jedenfalls drängt sich die
Offizialverteidigung in dem gegen X. geführten Strafverfahren nicht auf.

    Weder aus der Beschwerdeschrift noch aus den Strafakten lassen sich
Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Verzicht auf den Beizug eines
Verteidigers in casu rechtsstaatlich nicht zu verantworten gewesen
wäre, und dass bei Fehlen der Mitwirkung eines Anwaltes die Gefahr
einer rechtlichen Benachteiligung des Beschwerdeführers bestanden
hätte. Schwierige Fragen stellten sich nicht. Überdies ist der Vormund
des Beschwerdeführers Jurist. Soweit der Beschwerdeführer nicht selber in
der Lage gewesen wäre, in Bezug auf die offenen Fragen der Strafzumessung
und der Schadensdeckung seinen Standpunkt angemessen zu vertreten, hätte
ihm sein Vormund allenfalls die erforderliche Hilfe leisten können. Bei
der Beurteilung der Notwendigkeit einer Offizialverteidigung darf die
Tatsache der gesetzlichen Vertretung durch einen juristisch gebildeten
Vormund gebührend mitberücksichtigt werden (vgl. BGE 89 I 3 ff.). Zieht
man alle Umstände des konkreten Falles in Erwägung, so erscheint die
Verweigerung der Offizialverteidigung nicht als Verstoss gegen elementare
Rechtsschutzbedürfnisse; das verfassungsrechtlich gewährleistete
Mindestmass an Rechtsschutz wurde durch die angefochtene Entscheidung
nicht tangiert.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.