Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IA 119



100 Ia 119

19. Auszug aus dem Urteil vom 23. Januar 1974 i.S. Fischli gegen
Stauffacher, La Suisse Lebens- und Unfallversicherungsgesellschaften,
Zivilgerichtspräsident und Obergericht des Kantons Glarus. Regeste

    Forderung aus Dienstvertrag. Willkürliche Beweiswürdigung im
Zivilprozess. Einseitige Berücksichtigung eines Briefwechsels und
Ausserachtlassung weiterer Korrespondenz in der gleichen Sache.
Staatsrechtliche Beschwerde. Voraussetzungen, unter denen mit dem
Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz
angefochten werden kann (Erw. 1). Mit der Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils erübrigt sich die auf Willkür beschränkte Prüfung der gegen das
letztinstanzliche kantonale Urteil gerichteten Rügen (Erw. 6).

    Sieht das kantonale Recht für die in Anwendung von Art. 343 Abs. 4
OR ergangenen Urteile ein Rechtsmittel vor, so braucht dieses kein
ordentliches zu sein (Erw. 6). Die Kostenbefreiung gemäss Art. 343 Abs. 3
OR schliesst die Auferlegung einer Parteientschädigung nicht aus (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Mit Datum vom 1. Oktober 1964 schlossen Emil
Fischli-Hefti und Dietrich Stauffacher, als Generalagent der
La Suisse Lebensversicherungsgesellschaft und der La Suisse
Unfallversicherungsgesellschaft (im folgenden kurz La Suisse
genannt) in Ablösung des vorhergehenden (vom 22. Juli 1957) einen
neuen Dienstvertrag ab. Darin wurde Fischli im Einverständnis
der Generaldirektion der La Suisse als Generalagent-Stellvertreter
bezeichnet. Der Vertrag regelt Fischlis Rechte und Pflichten im Rahmen
der Generalagentur, u.a. seine Ansprüche auf ein Fixum, eine Provision
und eine Spesenentschädigung. Soweit der Dienstvertrag nichts bestimmt,
insbesondere was Ferien, Krankheit, Urlaub usw. betrifft, gelangen gemäss
Art. 7 des Dienstvertrages die allgemeinen Anstellungsbedingungen der La
Suisse Versicherungsgesellschaften, bei deren Schweigen die Bestimmungen
des OR, zur Anwendung.

    B.- Im Jahre 1971 wendete sich Fischli einerseits an Stauffacher und
andererseits an die Generaldirektion der La Suisse mit dem Begehren um
Erhöhung der Spesenentschädigung. In seinem Brief vom 2. September 1971
an die Generaldirektion erklärte Fischli:

    "Sofern Sie die berechtigte Spesenerhöhung von Fr. 300.-- pro Monat,
trotz positiver Begutachtung des Generalagenten, nicht einsehen können, so
werde ich mit Wirkung ab 1.1.1972 nicht mehr für die La Suisse tätig sein."

    Am 13. September schrieb er dem Generaldirektor:

    "Nachdem meine Verhandlungen mit Ihrer Abteilung 3, trotz positiver
Begutachtung des Generalagenten, Herrn Stauffacher, negativ verlaufen,
muss ich Ihnen heute mitteilen, dass ich beabsichtige, per 31.12.1971
aus den Diensten der La Suisse auszutreten.

    Vor meinem endgültigen Entschluss würde ich sehr gerne mit Ihnen noch
eine Unterredung führen."

    Darauf antwortete die La Suisse am 13. Oktober, dass sie die
"Entlassung" auf den 31. Dezember, die Fischli am 2. und 13. September
1971 bekanntgegeben hatte, annehme. Stauffacher seinerseits liess Fischli
am 17. Dezember einen eingeschriebenen Brief zukommen, in dem er ihn über
den Entscheid der Generaldirektion informierte und beifügte:

    "Wir sind daher gehalten, Ihnen die von Ihnen angesetzte Beendigung
des Dienstverhältnisses per 31. Dezember 1971 ebenfalls zu bestätigen."

    Als Fischli die La Suisse und Stauffacher daraufhin wissen liess, dass
er den Dienstvertrag nicht gekündigt hatte, und er im übrigen vertraglich
nicht mit der La Suisse, sondern mit Stauffacher verbunden war, schrieb
ihm Stauffacher am 28. Dezember:

    "Nachdem Sie am 2. September 1971 der Direktion der La Suisse
schriftlich mitgeteilt haben, dass Sie ab 1. Januar 1971 keinerlei
weitere Tätigkeit für die La Suisse mehr ausüben würden, nachdem
ferner die Direktion Sie aus den Diensten der La Suisse entlassen und
diese Entscheidung bis heute nicht rückgängig gemacht hat, sehe ich
mich zu meinem Bedauern veranlasst, Ihnen gestützt auf Art. 352 OR das
Dienstverhältnis per 31. Dezember 1971 zu kündigen, da mir unter diesen
Umständen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach Treu und Glauben
nicht mehr zugemutet werden kann. Für den Fall, dass wider jegliche
Erwartung die Auflösung des Dienstverhältnisses per 31. Dez. 1971 nicht
angängig betrachtet würde, wird Ihnen hiermit der Dienstvertrag auf
alle Fälle und rein vorsorglich auf die gesetzliche Frist von 2 Monaten,
d.h. auf den 29. Februar 1972 gekündigt. Gestützt auf die Entscheidung und
den Auftrag der Direktion der La Suisse verzichte ich hiermit endgültig
auf Ihre Dienste nach dem 31. Desember 1971."

    Im Schreiben vom 30. Dezember 1971 vertraten die La Suisse
Versicherungsgesellschaften die Ansicht, Fischli hätte seine
Kündigungsofferte nie zurückgezogen; zu der von Fischlis Anwalt
geltendgemachten fehlenden vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und
Fischli und dem zwischen ihm und Stauffacher persönlich bestehenden
Vertragsverhältnis äusserten sie sich nicht.

    Am 8. Februar 1972 erhielt Fischli von Stauffacher eine
Provisionsabrechnung über den Monat Januar 1972 mit einem Saldo von Fr.
9691.20 zu Fischlis Gunsten, wobei hinzugefügt war, dass die Auszahlung
verrechnungsweise in der zwischen Fischli und der La Suisse schwebenden
Angelegenheit erfolge.

    Nachdem die Verhandlungen vor dem Vermittleramt Glarus-Riedern keinen
Erfolg zeitigten, erbrachte die La Suisse Generalagentur Glarus am 18. Mai
1972 eine Zahlung von Fr. 7000.-- mit dem Vermerk auf dem Coupon "gemäss
Provisionsabrechnung für Januar 1972 vom 8. Februar 1972. Der Rest wird
mit den Ansprüchen der La Suisse und deren Generalagentur verrechnet".

    C.- Am 3. Juli 1972 klagte Fischli beim Einzelrichter
(Zivilgerichtspräsident) von Glarus gegen Stauffacher auf Leistung von Fr.
2691.20 plus Zinsen. Dieser verkündete der La Suisse den Streit. Der
Zivilgerichtspräsident trat mit Verfügung vom 11./22. August 1972 die vom
Beklagten erhobene Einrede der mangelnden Passivlegitimation gutheissend
auf die Klage materiell nicht ein.

    D.- Gegen diese Verfügung erhob Fischli Nichtigkeitsbeschwerde
beim Obergericht. Er machte u.a. geltend, der angefochtene Entscheid
verstosse gegen den Wortlaut und den Sinn des zwischen ihm und
Stauffacher abgeschlossenen Dienstvertrages. Im Speziellen machte
er die Nichtigkeitsgründe des Art. 336 Ziff. 1, 3 und 4 ZPO geltend,
nämlich die Verweigerung des rechtlichen Gehörs, die Aktenwidrigkeit der
Annahmen, auf welche sich die Vorinstanz stützte, sowie die Verletzung
klaren Rechts. Mit Urteil vom 22. Dezember 1972 wies das Obergericht die
Nichtigkeitsbeschwerde ab und bestätigte die angefochtene Verfügung.

    E.- Fischli erhebt hiergegen staatsrechtliche Beschwerde, indem
er die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils sowie der Verfügung des
Zivilgerichtspräsidenten von Glarus beantragt. Ihre Begründung ergibt sich,
soweit nötig, aus den folgenden Erwägungen.

    Der Beschwerdegegner und das Obergericht des Kantons Glarus beantragen
Abweisung derselben.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gegen Verfügungen im Sinne von Art. 26 des glarnerischen EG zum OR
gibt es keine Appellation, sondern nur die Nichtigkeitsbeschwerde gemäss
Art. 336 ZPO, auf dessen Ziff. 1, 3 und 4 sich der Beschwerdeführer
berief. Das Obergericht war in seiner Prüfungsbefugnis auf die
Nichtigkeitsgründe beschränkt. Unter diesem beschränkten Blickwinkel
liess sich seiner Ansicht nach im Entscheid des Einzelrichters kein
Nichtigkeitsgrund erkennen. Es räumte in seinem Urteil allerdings ein,
dass es bei freier Prüfungsbefugnis vielleicht anders entschieden hätte.

    Gemäss Art. 87 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
des vom Beschwerdeführer angerufenen Art. 4 BV erst gegen letztinstanzliche
Entscheide zulässig. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts
kann jedoch derjenige, der mit einer staatsrechtlichen Beschwerde
fristgemäss einen Entscheid anficht, der von einer mit beschränkter
Prüfungsbefugnis ausgestatteten Rechtsmittelinstanz ausgefällt wurde,
gleichzeitig noch den Entscheid der unteren kantonalen Instanz anfechten,
und zwar auch mit Rügen, die bei der kantonalen Rechtsmittelinstanz nicht
erhoben werden konnten. Voraussetzung dafür, dass das Bundesgericht
den Entscheid der unteren Instanz prüfen kann, ist freilich, dass der
Beschwerdeführer die Aufhebung beider kantonaler Entscheide beantragt
(BGE 94 I 462/3, 97 I 119, 226).

    Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wird die Aufhebung
sowohl der Verfügung des Zivilgerichtspräsidenten wie des Urteils des
Obergerichts verlangt. Das Bundesgericht tritt somit auch insofern auf
die Beschwerde ein, als damit Rügen gegen den erstinstanzlichen Entscheid
erhoben werden, die von der letzten kantonalen Instanz nicht geprüft
werden konnten.

Erwägung 2

    2.- (Abweisung der Beschwerde über eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs durch das Obergericht.) 3. - Der Beschwerdeführer rügt ferner,
dass der Zivilgerichtspräsident zu Unrecht eine Wandlung des am 1. Oktober
1964 zwischen Fischli und Stauffacher abgeschlossenen Dienstvertrages in
einen Dienstvertrag zwischen Fischli und der La Suisse angenommen hat.

    Nach Ansicht des erstinstanzlichen Richters erfuhr der am 1. Oktober
1964 zwischen Fischli und Stauffacher abgeschlossene und von beiden
persönlich unterschriebene Dienstvertrag im Laufe der Zeit eine wesentliche
Änderung bezüglich der Vertragsparteien. Würde einzig der schriftliche
Dienstvertrag im Dossier figurieren, so wären Fischli und Stauffacher
allerdings nach wie vor Vertragsparteien; doch haben insbesondere das
Verhalten und die Äusserungen des Beschwerdeführers die Auffassung über
dieses Dienstverhältnis modifiziert; so habe sich der Beschwerdeführer
mit Forderungen betreffend Gehaltserhöhung und Rückerstattung von
Auslagen an die La Suisse gewendet, nachdem er sich diesbezüglich mit dem
Beschwerdegegner besprochen hatte. Ferner habe Fischli in seinem Brief vom
2. September 1971 gegenüber der La Suisse erklärt, dass er, falls seiner
Bitte um Erhöhung der Spesenentschädigung nicht stattgegeben werde, nicht
willens sei, ab 1. Januar 1972 für die La Suisse zu arbeiten, worauf die La
Suisse ihrerseits seine Kündigung anzunehmen erklärt habe. Andererseits
seien auf Seite der La Suisse gewisse Zentralisierungsmassnahmen im
Zeitraum von 1964-1968 ersichtlich. All diese Erwägungen veranlassten
den erstinstanzlichen Richter, eine Vertragsänderung im Sinne einer
Änderung der Parteien anzunehmen. Das Obergericht seinerseits hat sich
damit begnügt, auf die Ausführungen des Zivilgerichtspräsidenten zu
verweisen und zu erklären, dass seiner Meinung nach diesbezüglich kein
Nichtigkeitsgrund gegeben sei.

Erwägung 4

    4.- Gemäss dem alten Art. 320 Abs. 1 OR (der neue Art. 320 Abs. 1
OR hat diesbezüglich denselben Wortlaut), welcher auf die vorliegenden
strittigen Rechtsbeziehungen anwendbar ist, bedarf der Dienstvertrag unter
Vorbehalt entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen, wie grundsätzlich
übrigens jeder Vertrag (Art. 11 Abs. 1 OR), "zu seiner Gültigkeit
keiner besonderen Form". Er kann somit grundsätzlich ausdrücklich oder
stillschweigend geschlossen werden. Schriftlichkeit ist auch dann nicht
erforderlich, wenn der einmal schriftlich abgefasste Vertrag einer Änderung
unterzogen wird (vgl.

OSER/SCHÖNENBERGER, Obligationenrecht, 2. Auflage, zu Art. 16,
Nr. 8). Andererseits ist auch eine Vereinbarung denkbar, wonach der
Arbeitgeber die Rechte aus einem konkreten Dienstverhältnis an einen
Dritten abtreten kann (Art. 176 OR und alter Art. 327 Abs. 2 OR, neuer
Art. 333 Abs. 4 OR; Urteil vom 20. Dezember 1955 i.S. Felsenhardt
c. Schreyer).

    Eine Vereinbarung, wonach die Rechte und Pflichten Stauffachers
gegenüber Fischli aus dem Vertrag vom 1. Oktober 1964 auf die La Suisse
übergingen, wäre folglich durchaus möglich gewesen. Die Tatsache, dass
Fischli das Problem seiner Entschädigung mit der Direktion der La Suisse
besprochen hatte, genügt jedoch nicht zur Annahme, dass dadurch Stauffacher
von jeder Verpflichtung Fischli gegenüber befreit worden und nicht mehr
mit Fischli vertraglich verbunden gewesen wäre. Vorerst ist festzuhalten,
dass vor dem erstinstanzlichen Richter weder Stauffacher selbst noch
die La Suisse durch diese veranlasste Zentralisationsmassnahmen und
ebensowenig den Vertragsübergang auf sie geltend gemacht hatten. Es
wäre dem Beschwerdegegner und den Litisdenunziatinnen jedoch ein
Leichtes gewesen, den Nachweis einer Zentralisierung und Straffung in
der Organisation zu erbringen, wenn das Verhältnis La Suisse zu ihren
Generalagenten und deren Angestellten tatsächlich Änderungen erfahren
hätte. Aber sie blieben entsprechende Erklärungen schuldig, und der
Beschwerdegegner begnügte sich zu betonen, dass der Beschwerdeführer sich
als Angestellter der La Suisse betrachtete, und es gegen Treu und Glauben
verstiesse, wenn er sich nun an ihn, Stauffacher halte.

    Jedoch vermöchte die Tatsache allein, dass Fischli selber sich als in
den Diensten der La Suisse stehend betrachtet, noch keinen Übergang der
Rechte und Pflichten Stauffachers auf die Versicherungsgesellschaften
zu begründen. Und eine andere Tatsache, die geeignet wäre, den Beweis
für einen solchen Rechtsübergang zu liefern, nennt der erstinstanzliche
Richter nicht.

    Im übrigen hebt der erstinstanzliche Richter selbst hervor, dass
die La Suisse am Abschluss des Dienstvertrages von 1964 teilgenommen
hatte, und dass ohne ihre Mitwirkung der Beschwerdeführer nicht
Generalagent-Stellvertreter geworden wäre. Er gibt aber, wie die beiden
Parteien ihrerseits, ausdrücklich zu, dass dieser Dienstvertrag zwischen
Fischli und Stauffacher zustande kam. Die beiden nachstehenden, vom
Zivilgerichtspräsidenten als massgebend betrachteten Umstände lassen
ebensowenig den Schluss zu, dass dieser Vertrag im Verlaufe von Fischlis
Anstellung zu bestehen aufgehört hat:

    Zum ersten ist nach Ansicht des Zivilgerichtspräsidenten der Tatsache
Rechnung zu tragen, dass der Beschwerdeführer Lohn-, Provisions- und
Spesenfragen mit der Generaldirektion besprechen musste. Diese Ansicht
ist irrtümlich, denn Stauffacher hat in seiner Beschwerdeantwort
selbst anerkannt, dass in Übereinstimmung mit den im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses geltenden allgemeinen Anstellungsbedingungen die
Provisionsgebühren durch den Generalagenten in Abzug gebracht werden,
aber dass "diese ohne Zweifel zu Lasten der Versicherungsgesellschaften
gehen". Der erstinstanzliche Richter beschreibt mit seinen Ausführungen
nichts anderes als gerade den rechtlichen Zustand, der im Moment des
Vertragsabschlusses herrschte. Es ist sachlich nicht vertretbar, daraus
den Rechtsübergang betreffende Schlüsse zu ziehen, wie sie jener Richter
gezogen hat.

    Zum zweiten, so meint der Einzelrichter, liege im Verhalten des
Beschwerdeführers ein Beweis dafür, dass er sich selbst als Angestellter
der La Suisse betrachtete, habe Fischli ihr gegenüber doch am 2. September
1971 erklärt, er werde ohne Erhöhung der Spesenentschädigung nicht mehr für
sie arbeiten, und am 13. September den Wunsch geäussert, sich vor seinem
endgültigen Entscheid mit dem Generaldirektor besprechen zu können, und
es habe ausserdem die La Suisse die Kündigung anzunehmen erklärt. Daraus
schloss der erstinstanzliche Richter, dass Fischli und die La Suisse sich
als Vertragsparteien betrachteten. Es ist jedoch unhaltbar, aus diesem
Briefwechsel zu folgern, dass Stauffacher seinerseits nicht mehr durch
den Vertrag gebunden war, den er mit Fischli geschlossen hatte.

    Es ist ausserdem festzuhalten, dass Fischli der La Suisse gegenüber
nie die Absicht bekundet hatte, den Vertrag mit ihr zu kündigen; er hat
nur geschrieben, dass er, falls seinen Forderungen nicht entsprochen
würde, nicht mehr für die La Suisse. tätig zu sein gedenke, oder er
ihre Dienste verlassen würde. Diese Ausdrucksweise ist mit der Existenz
eines Dienstvertragsverhältnisses zwischen Fischli und Stauffacher ebenso
vereinbar wie mit dem Bestehen eines Vertrages zwischen Fischli und der La
Suisse. Indem Fischli die Tätigkeit eines Generalagenten-Stellvertreter
der La Suisse ausübte, war er für diese tätig, selbst wenn der
Dienstvertrag mit Stauffacher abgeschlossen war. Fischli hat gegenüber
der La Suisse nie von Entlassung oder Kündigung gesprochen. Dies hat
einzig die La Suisse ihm gegenüber getan.

    Der Entscheid des Zivilgerichtspräsidenten ist aber vor allem
deswegen als willkürlich zu qualifizieren, weil er sich lediglich auf
den Briefwechsel zwischen Fischli und der La Suisse stützt, die sich
aus Stauffachers Korrespondenz zwingend ergebenden Konsequenzen jedoch
unbeachtet lässt. Zwar wird in der Verfügung ein Schreiben Stauffachers
an die Generaldirektion vom 21. Oktober 1971 zitiert, worin dieser schrieb:

    "Herr Fischli hat sich mir gegenüber geäussert, dass er meinetwegen
bereit sei, von einer Kündigung des Dienstvertrages mit der GA Glarus,
abzusehen, obwohl er der Direktion gegenüber eine Kündigungsabsicht
bekannt gab. Dies würde dann bedeuten, dass er - zu meiner Freude -
unter den geltenden Bedingungen Mitarbeiter bleibe."

    Die Tatsache, dass dieser Brief, von dem der erstinstanzliche Richter
erst nach der Verhandlung Kenntnis erhielt, nicht in den Prozessakten
figuriert, hat diesen nicht davon abgehalten, daraus zu schliessen,
dass Stauffacher sich nicht als Adressat einer Kündigung durch Fischli
betrachtete und nicht der Meinung war, diese hätte ihm gegenüber erfolgen
müssen. Doch erklärt der Einzelrichter nirgends, wie er zu dieser
Folgerung gelangte. Bei emer kritischen Würdigung des Textes muss man
zur gegenteiligen Annahme gelangen, dass sich Stauffacher nämlich an den
Dienstvertrag gebunden fühlte, sonst hätte er der Generaldirektion nicht
mitgeteilt, dass Fischli sich bereit erklärt hatte, auf eine Kündigung des
zwischen ihm und der Generalagentur bestehenden Vertrages zu verzichten,
und dass er, Stauffacher, bereit wäre, ihn als Mitarbeiter zu behalten.

    Der Zivilgerichtspräsident verweist noch auf zwei weitere Briefe
Stauffachers: während derjenige vom 17. Dezember 1971, mit dem
der Beschwerdegegner "die Beendigung des Dienstverhältnisses auf den
31. Dezember 1971 bestätigte", keine eindeutigen Schlüsse zulässt, geht aus
jenem vom 28. Dezember 1971 unmissverständlich hervor, dass Stauffacher
sich nach wie vor an den Vertrag mit Fischli gebunden fühlte. Indem
der erstinstanzliche Richter dieses Schreiben als "offensichtlich von
Lausanne inspiriert" abtut und erklärt, dass der Beschwerdegegner den
Vertrag nur gekündigt hätte, weil die La Suisse ihn gekündigt und sie
den "wirklichen Kündigungswillen" kundgegeben hätte, unterschätzt er
dessen Bedeutung. Seine Überlegungen sind zudem widersprüchlich. War
der Brief offensichtlich von Lausanne inspiriert, so muss man umso eher
annehmen, dass "Lausanne", d.h. die Generaldirektion, der Ansicht war,
dass Fischli Stauffachers Angestellter war. Ein weiterer Widerspruch ist
darin zu erblicken, dass der Zivilgerichtspräsident in seiner Antwort zur
Nichtigkeitsbeschwerde diesen Brief Stauffachers nun damit zu rechtfertigen
sucht, dass Stauffacher auf den Brief von Fischlis Anwalt eben als Laie
und wie ein Laie reagiert habe.

    Das Resultat, zu dem der erstinstanzliche Richter gelangt, ist
folglich nicht vertretbar. Er berücksichtigt zwar Fischlis Verhalten,
lässt aber dasjenige Stauffachers ausser Betracht; er entschuldigt
Stauffachers Äusserungen mit seiner Laienhaftigkeit, verkennt jedoch,
dass Fischli, Versicherungsangestellter, ebenso Laie ist wie Stauffacher,
alt Regierungsrat und Generalagent.

    In Anbetracht der Tatsache, dass Fischli gegenüber der La Suisse nie
ausdrücklich die Kündigung eines ihn mit ihr verbindenden Dienstvertrages
ausgesprochen hat, Stauffacher hingegen den ihn mit Fischli verbindenden
Vertrag kündigte, ist es willkürlich, Stauffachers Passivlegitimation
zu verneinen.

    Stauffacher selbst hat übrigens - was von Fischlis Anwalt im
gegenwärtigen Verfahren allerdings nicht geltend gemacht wird -
vor dem Zivilgerichtspräsident Beweise dafür geliefert, dass er
Fischlis Arbeitgeber geblieben war, indem er auf einen Entscheid der
kantonalen AHV-Ausgleichskasse vom 9. November 1972 verwies, bei dem es
um ausstehende Beiträge ging, die das "Treuhandbüro D. Stauffacher" für
Provisionsleistungen an Fischli, welcher bei der Kasse als Stauffachers
Arbeitnehmer angemeldet war, schuldete.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer wirft dem erstinstanzlichen Richter ferner
vor, dass dieser willkürlich eine Kündigung seinerseits gegenüber der La
Suisse angenommen habe, während er eine solche doch nie verfasst habe.

    Dieser Vorwurf ist unbegründet, denn jener hat in seiner Verfügung
vom 11./22. August 1972 keineswegs behauptet, Fischli habe gegenüber
der La Suisse gekündigt. Er hat bloss festgestellt, dass Fischli mit
einer Kündigung gedroht hat, und dass die La Suisse die angedrohte
Kündigung als erfolgt entgegengenommen hat. Erst in der Antwort auf die
Nichtigkeitsbeschwerde ist der Zivilgerichtspräsident davon ausgegangen,
dass Fischli den Vertrag gekündigt hat; diese Antwort kann jedoch nicht
Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde sein.

Erwägung 6

    6.- Der Beschwerdeführer wirft ausserdem die Frage auf, ob das
Obergericht in Anwendung des Art. 343 Abs. 4 OR nicht von Amtes wegen
den Sachverhalt hätte feststellen und die Beweise nach freiem Ermessen
würdigen müssen; er stellt also die Beschränkung der Kognition in Frage.

    Die diesbezüglichen Zweifel des Beschwerdeführers sind
unbegründet. Art. 343 Abs. 4 OR hat teilweise Art. 29 FabrikG und
analoge Bestimmungen der Bundesgesetzgebung (HAG Art. 19, LandwG Art. 97)
ersetzt. Für die in Anwendung von Art. 29 FabrikG ergangenen Urteile
musste gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kein kantonales
Rechtsmittel vorgesehen sein (BGE 62 II 231). Besteht ein solches
trotzdem, so brauchte es kein ordentliches zu sein, d.h. es ist nicht
nötig, dass die Rechtsmittelinstanz in freier Kognition erkennt. Die
glarnerische Gesetzgebung bestimmt ausdrücklich, dass Entscheidungen
des Zivilgerichtspräsidenten in Dienstvertragsstreitigkeiten, deren
Streitwert Fr. 5000.-- nicht übersteigt, der Berufung nicht unterliegen
(Art. 26 EG OR in der Fassung vom 7. Mai 1972). Dagegen kann einzig die
Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 336 ZPO erhoben werden. Die Bestimmung,
wonach bei solchen Streitigkeiten den Parteien weder Gebühren noch Auslagen
des Gerichts auferlegt werden dürfen (neuer Art. 343 Abs. 3 OR) gilt jedoch
für alle Instanzen (BGE 62 II 231, 98 I a 567). Obwohl diesbezüglich in der
Beschwerde keine Rüge erhoben wird, ist festzustellen, dass das Obergericht
Fischli zu Unrecht die Kosten des Kassationsverfahrens auferlegt hat.

    Dagegen hatte der Zivilgerichtspräsident aufgrund von Art. 343 Abs. 4
neue Fassung OR, welchem Art. 29 EG OR entspricht, den Sachverhalt von
Amtes wegen festzustellen. Es lässt sich aber anhand des vorliegenden
Dossiers nicht mit Sicherheit erkennen, auf welche Akten sich der
erstinstanzliche Richter bei seiner Urteilsfällung stützte; gewisse
Unterlagen hatte der Beschwerdeführer verspätet, d.h. erst vor dem
Obergericht, vorgebracht. So ist insbesondere nicht ersichtlich,
ob den Dienstvertrag auch die allgemeinen Anstellungsbedingungen der
Versicherungsgesellschaften begleiteten. Hätten diese gefehlt, so wäre
der Zivilgerichtspräsident verpflichtet gewesen, deren Beibringung zu
verlangen, da es sich dabei um eine Ergänzung des Vertrages vom 1. Oktober
1964 handelt, auf die dieser ausdrücklich verweist.

    Art. 20 der allgemeinen Anstellungsbedingungen schreibt jedoch für
jede Vertragsänderung Schriftlichkeit vor. Diese, vom Beschwerdeführer
zwar nicht geltend gemachte Bestimmung lässt die These der Umwandlung
des Vertrages, wonach Stauffacher stillschweigend von seinen Pflichten
befreit worden und die La Suisse an seine Stelle getreten wäre, noch
fragwürdiger erscheinen.

    Aus diesen Erwägungen folgt, dass der erstinstanzliche Richter die
Beweise willkürlich gewürdigt hat. Er trägt gewissen Aktenstücken,
welche ihm für die Annahme eines Vertrages zwischen Fischli und der
La Suisse zwingend scheinen, Rechnung, unterlässt es jedoch, alle jene
Elemente zu berücksichtigen, die gegen eine Vertragsänderung im Sinne
einer Änderung der Parteien und somit gegen eine Befreiung Stauffachers
von den vertraglichen Rechten und Pflichten sprechen. Der erstinstanzliche
Entscheid verstösst daher gegen Art. 4 BV (vgl. BGE 83 I 9).

    Mit der Aufhebung der Verfügung des Zivilgerichtspräsidenten fällt auch
das auf diesem beruhende Urteil des Obergerichts dahin. Somit erübrigt sich
die auf Willkür beschränkte Prüfung der gegen dieses Urteil gerichteten
Rügen, insbesondere der Frage, ob das Obergericht seinerseits im Urteil
des Zivilgerichtspräsidenten einen Nichtigkeitsgrund im Sinne des Art. 336
Ziff. 1, 3 und 4 ZPO hätte erblicken müssen. Durch die Aufhebung der
beiden Entscheide ist der verfassungsmässige Zustand wieder hergestellt.

Erwägung 7

    7.- Die Kostenbefreiung gemäss Art. 343 Abs. 3 OR schliesst die
Auferlegung einer Parteientschädigung nicht aus (BGE 98 I a 568). Der
Beschwerdegegner ist daher verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine -
der Natur der Streitsache entsprechende - Parteientschädigung zu bezahlen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Präsidenten des
Zivilgerichts des Kantons Glarus vom 11./22. August 1972 sowie das Urteil
des Obergerichts des Kantons Glarus vom 22. Dezember 1972 aufgehoben.